Seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie Anfang 2020 sieht sich die Fertigungsindustrie immer wieder mit neuen Herausforderungen konfrontiert. Dem abrupten Herunterfahren der Produktion, verursacht durch eine nicht mehr zu kontrollierende Anzahl an Shutdowns, folgten Probleme bei der Beschaffung von Vorprodukten und Rohstoffen, als die Lieferketten rund um den Globus unterbrochen wurden. Die Produktionskosten wurden somit zum Nachteil aller Marktteilnehmer in die Höhe getrieben. Kann die Smart Factory ein Heilmittel für „Long Covid“ in der Fertigungsindustrie sein?
Wenn Kosten explodieren sowie Produktions- und Umsatzziele in Frage gestellt sind, erlangen Initiativen zur Steigerung der Belastbarkeit, Flexibilität und Effizienz im Unternehmen höchste Priorität. Überall dort, wo die traditionellen Methoden der Produktions- und Lieferkettenoptimierung ausgereizt sind, bieten innovative Technologien die Möglichkeit, auf veränderte Bedingungen und kurzfristige Ereignisse angemessen zu reagieren. Im Kern ist hier die Fähigkeit zu verbessern, auf Veränderungen bei Angebot und Nachfrage zu reagieren, indem die Produktionskapazität nahtlos angepasst wird, ohne den laufenden Betrieb zu unterbrechen. Doch wie können diese Ziele erreicht werden?
Einige Marktteilnehmer – wie z. B. BMW – haben bereits eine Vorreiterrolle eingenommen, indem sie auf die Zukunft der Smart Factory setzen und neuartige Anwendungsfälle, wie 3D-Produktdesign, Tests und Simulationen, Asset Tracking und Überwachung mittels 5G sowie die Automatisierung und Optimierung von Lagerabläufen mithilfe von KI und maschinellem Lernen erforschen und in die Produktionsabläufe integrieren.
Die fortschreitende Digitalisierung der Fabrik bei gleichzeitiger Integration neuer Technologien ermöglicht BMW, die Produktivität und Effizienz zu steigern und gleichzeitig die Kosten zu senken. Die Fabrik der Zukunft soll hochflexibel sein, sich selbst verwalten und in ein Ökosystem aus Partnern, Zulieferern und Kunden integriert werden – ermöglicht durch 5G, IoT, digitale Zwillinge sowie XR- und KI-Technologien (siehe Abbildung 2). Willkommen im Enterprise Metaverse!
Das Enterprise Metaverse: Das Ökosystem ist der „Killer Use Case“
Während konkrete Beispiele zeigen, dass Use Cases des Enterprise Metaverse innerhalb von nur zwei oder drei Jahren gewinnbringend eingesetzt werden können, wurden große Investitionen in ein Ökosystem von Technologien in der Regel als zu ehrgeizig betrachtet und haben häufig nicht von Anfang an die notwendige organisatorische Unterstützung erhalten.
Aber genau das ist der (allzu häufige) Fehler, der eine signifikante Verbesserung der Betriebsabläufe verhindert. Das Streben nach einem inkrementellen Ansatz bei der Umsetzung der Fabrik der Zukunft führt unweigerlich zu unbefriedigenden Ergebnissen. Stattdessen muss das Use-Case-Ökosystem ganzheitlich betrachtet werden, da die zugrundeliegenden Technologien miteinander verbunden sind und erhebliche Synergieeffekte erzeugen (siehe Abbildung 3).
Das gemeinsame Potenzial der Enterprise Metaverse Use Cases lässt sich ebenfalls hervorragend durch die gemeinsame Nutzung von Ressourcen veranschaulichen. Die meisten Use Cases erfordern eine (latenzarme) GPU-basierte Verarbeitung – allerdings zu unterschiedlichen Zeiten innerhalb eines 24-Stunden-Zeitraums. Die Arbeit am 3D-Produktdesign findet beispielsweise tagsüber statt, während Analyse und Training der KI-Modelle nachts durchgeführt werden können. Die beispielhafte Kombination dieser Use Cases öffnet die Tür zur gemeinsamen Nutzung der Infrastruktur und steigert den ROI (siehe Abbildung 4).
Realisierung: Notwendigkeit des ‚Metascaler‘
Dennoch müssen solche groß angelegten Änderungen in der gesamten Fabrik klug geplant werden. Im Idealfall können ihre Workloads flexibel aus der Cloud heraus verarbeitet werden, ohne dass große Investitionen getätigt werden müssen.
Die Ressourcen der Public-Cloud-Anbieter (z.B. Nvidia A100-Grafikkarten) verfügen jedoch nicht über die Leistungsfähigkeit, die für eine effektive Nutzung der High-End Use-Cases – wie die 3D-Fabrikplanung – erforderlich ist. Darüber hinaus wird die Datensicherheit den IT-Abteilungen immer ein Dorn im Auge bleiben, während Anwendungsfälle wie die FTS-/Drohnensteuerung extrem niedrige Latenzzeiten erfordern und damit einen zusätzlichen Faktor darstellen, der einen On-Premises-Ansatz begünstigt.
Wir schlagen deshalb einen völlig neuen Ansatz vor, der die Dichotomie zwischen Cloud- und On-Premises-Ansätzen aufhebt: sicheres, latenzarmes Computing aus dem Network Edge, dass die wirtschaftliche Effizienz der Hyperscaler mit den gestiegenen Anforderungen des Enterprise Metaverse kombiniert – kurz gesagt: die „Metascaler“ (siehe Abbildung 5).
Das Konzept basiert auf der Zusammenarbeit mit Telekommunikationsanbietern beim Aufbau der erforderlichen Infrastruktur: Die Notwendigkeit von Anfangsinvestitionen in die Infrastruktur entfällt und die Betriebskosten werden dank groß angelegter Abläufe von Anfang an gesenkt. Unsere Schätzungen zeigen, dass eine Edge-Bereitstellung innerhalb des Telekommunikationsnetzes die Kosten im Vergleich zu einer Bereitstellung vor Ort um 37 Prozent reduzieren kann (siehe Abbildung 6).
Fazit: Die Smart Factory der Zukunft – ermöglicht durch das Enterprise Metaverse
Die Fertigungsindustrie leidet unter den massiven Auswirkungen einer weltweiten Krise. Da die Lieferketten unterbrochen sind und die Produktionskosten steigen, bemühen sich die Unternehmen um Widerstandsfähigkeit, Flexibilität, Effizienz und Innovation. Das Enterprise Metaverse überwindet diese Herausforderungen, indem es die Voraussetzungen für die Smart Factory der Zukunft schafft, die hochflexibel ist, sich selbst verwaltet und in ein Ökosystem von Partnern, Lieferanten und Kunden integriert ist.
Um die potenziellen Synergien auszuschöpfen und einen maximalen ROI zu erzielen, ist jedoch ein ganzheitlicher Ansatz für die zugrunde liegenden Technologien und Use Cases erforderlich. Darüber hinaus sollte der empfohlene Ansatz für die Realisierung dieser Use Cases auf dem „Metascaler“-Paradigma basieren, d. h. einer gemeinsam genutzten Edge-Infrastruktur innerhalb der Telco-Netze, die beste Leistung in Verbindung mit niedrigen und flexiblen Kostenstrukturen bietet.