Die Aussicht auf 5G-Anwendungsfälle, die Edge Computing benötigen, zieht bereits jetzt Hyperscaler an, die verteilte Clouds in der Nähe von Endkunden errichten und gleichzeitig das traditionelle Geschäft der Telekommunikationsanbieter gefährden. Carrier müssen sich in einer neuen Wettbewerbslandschaft neu positionieren, um Edge-Assets zu monetarisieren.
Die Entwicklung von 5G-Netzwerken sowie die enorme Vielfalt an Anwendungsfällen, die eine extrem niedrige Latenz erfordern, drängen die IT-Branche dazu, die Rechenleistung näher an den Endnutzer zu bringen. Eine deutliche Verringerung der heute erreichbaren Latenzwerte ist die Voraussetzung für die Bereitstellung immersiver, (nahezu) Echtzeit-Erlebnisse für Kunden und Entwickler. Eine Ende-zu-Ende-Latenz im einstelligen Millisekundenbereich ist das Ziel und treibt das Hosting von Rechenleistung in Edge-Rechenzentren an.
Angetrieben von 5G-Anwendungsfällen dringen Hyperscaler in das Gebiet von Carriern
Der direkte Zugang sowie die Beziehung zu Endkunden - sowohl zu Verbrauchern als auch zu Unternehmen - war jahrzehntelang im Wesentlichen die Domäne von Telekommunikationsanbietern. Nun ändert sich diese Position jedoch deutlich, insbesondere seit der Einführung von Edge-orientierten Produkten und Services durch Hyperscaler, das heißt:
- AWS Outpost und Wavelength
- Google Anthos, Anthos for Telecoms
- MS Azure MEC (Multi-access Edge Compute) und NEC (Network Edge Compute).
All diese Aktivitäten zielen darauf ab, Public-Cloud-Umgebungen als verteilte Clouds zu erweitern und sowohl On-Premise/On-Campus als auch in den Netzwerken der Carrier zu hosten. Es wird eine neue Umgebung mit ultra-niedriger Latenz und lokaler Rechenleistung erreicht.
Hyperscaler konzentrieren sich auch auf die Einführung von eigenständigen Edge-Rechenzentren mit eingebetteten Public-Cloud-Funktionen.
Konsequenzen für Carrier: Drei Szenarien
Als Konsequenzen für Carrier sehen wir drei mögliche Szenarien:
- Solange die Edge-Infrastruktur, die eigenständigen Edge-Zonen (DCs) und die Zugangsnetze der Hyperscaler unausgereift und klein sind, werden Hyperscaler nach Partnerschaften mit Telcos suchen. Dies geschieht bereits jetzt. Beispielsweise hat MS Azure Partnerschaften mit AT&T, Vodafone und SK Telekom geschlossen; eine weitere Partnerschaft besteht zwischen Google und TIM sowie AT&T; und nicht zuletzt ist AWS Partner von Verizon, Vodafone und SK Telekom geworden. Die Partnerschaften gewinnen an Dynamik.
- Es ist sehr wahrscheinlich, dass Hyperscaler direkt auf Unternehmen zugehen werden. Full-Stack-Produkte mit vollständig verwalteter Hard- und Software von Hyperscalern stellen eine schlüsselfertige Lösung für Unternehmen dar. Dies kann die traditionellen und direkten Beziehungen zwischen Telco-Betreibern und Unternehmen stören.
- Sobald die Stand-alone-Edge-Infrastruktur von Hyperscalern ausgereift ist und eine ausreichende Größe erreicht hat, ist es wahrscheinlich, dass Partnerschaften mit Carriern für Hyperscaler keine Priorität mehr haben werden. Telekommunikationsunternehmen könnten zu einer "Dumb Pipe" werden, die lediglich grundlegende Konnektivitätsfunktionen bereitstellt.
Positionierung in einer neuen Wettbewerbslandschaft
Die jüngsten Schritte der Hyperscaler auf dem Edge-Markt haben zweifellos die Vorherrschaft der Telcos in Bereichen gefährdet, in denen sie jahrzehntelang unangefochtene "Spielrechte" hatten. Auch wenn der Edge-Markt noch in den Kinderschuhen steckt, müssen Telcos sofortige Gegenmaßnahmen einleiten. Zunächst müssen sich die Carrier in Bezug auf eine gemeinsame Edge-Sichtweise zusammenschließen. Als Nächstes sind mutige Entscheidungen erforderlich, um ihre Positionierung innerhalb einer neuen Wettbewerbslandschaft neu zu definieren, indem sie die Monetarisierungsoptionen für Immobilien, Standorte, Konnektivität und Netzwerk-APIs rationalisieren und Wertströme über die Konnektivität hinaus aufbauen.
Zumindest auf nationaler Ebene, wenn nicht sogar auf internationaler und globaler Ebene, dürfen die Betreiber nicht zulassen, dass Hyperscaler ein "Teile und Herrsche"-Spiel spielen, selbst wenn die Summen, die im Spiel sind, hoch sind. Um hier voranzukommen, müssen die Betreiber zu digitalen Service-Providern werden. Und auch wenn sie in puncto Agilität und vielleicht sogar Kreativität manchmal hinterherhinken, gehören ihnen immer noch die letzte Meile und die regionalen Rechenzentren. Sie haben für das Spektrum bezahlt, und sie werden von den Regulierungsbehörden verpflichtet, fast überall eine hohe Abdeckung zu bieten, ohne Rücksicht auf die wirtschaftliche Effizienz.
Bewertung des Standpunkts „on the edge“
Kurzum: Es ist an der Zeit, dass Betreiber ihren Standpunkt "on the edge" bewerten. Wie ist der Zustand der Zugangsinfrastruktur? Wie zuverlässig ist die Versorgung beispielsweise entlang von Autobahnen? Vielleicht gibt es ländliche Gebiete, in denen ein Edge-Computing-Standort erforderlich wäre, aber Strom- und Glasfasernetze sind vielleicht nicht in der Nähe oder wären extrem teuer zu bauen. Wie dicht ist das Netz in Bezug auf "Zugangspunkte pro Quadratkilometer" oder "Anzahl der regionalen Rechenzentren"? - und eine verwandte Frage: Wie viele alternative Standorte stehen zur Verfügung, wenn der bevorzugte Standort nicht realisierbar ist? Die Betreiber müssen ihre Anlagen überprüfen und feststellen, welche Chancen (und Risiken) sie mit sich bringen.
Die Optionen für Partnerschaften erscheinen vielversprechend, Win-Win-Partnerschaften für Carrier unerlässlich. Telcos sollten diese Ziele verfolgen:
- 5G-Netzwerkfähigkeit und Co-Innovationen mit Hyperscalern
- Größere Nähe zu Entwicklergemeinschaften auf globaler Ebene (durch Hyperscaler oder sogar direkt)
- Abschluss der richtigen Partnerschaften für einen schnellen Roll-out im Bereich der Zugangsnetze
Was die Hyperscaler betrifft, so werden diese ihre Bemühungen fortsetzen, Zugang zu Telco-Edge-Assets zu erhalten.
Win-win-Situation durch Partnerschaft
Die beschriebenen Maßnahmen sind ein "Heimspiel" für die Betreiber. Niemand kennt das Netz besser und niemand sonst hat diese tiefgreifende Kenntnis der lokalen, regionalen und nationalen Möglichkeiten für den Auf- und Ausbau von Netzen. Hyperscaler hingegen können ihre Agilität und Innovationskraft ausspielen, um mit neuen disruptiven Diensten und Use Cases ein exzellentes Kundenerlebnis zu gewährleisten.
Aus Sicht der Betreiber sollten die empfohlenen Schritte unternommen werden, wenn sie ihre "Spielrechte" auf dem neuen Edge-Schlachtfeld verteidigen wollen. Aus Sicht von Detecon ist die Kombination aus starken Betreibern, ausgestattet mit dichten, engmaschigen und leistungsfähigen Netzen, dem tiefen Verständnis der nationalen Märkte und etablierten Markennamen der bestmögliche Gegenpart für agile, innovative Hyperscaler. In diesem Stadium entsteht eine Win-Win-Situation, wenn beide Parteien in einer Partnerschaft auf Augenhöhe voneinander profitieren.