5G als Netz für die Daseinsvorsorge des 21. Jahrhunderts

Die Digitalisierung schreitet in großen Schritten voran, und Stadtwerke stehen vor der Herausforderung, sich in diesem Umfeld neu zu positionieren. Volker Rieger und Jörg Borowski, Managing Partner bei der Unternehmensberatung Detecon, erläutern, wie Stadtwerke das Thema 5G strategisch für sich nutzen können.

Die Bedeutung von 5G ist bei deutschen Energieversorgern mittlerweile unumstritten. Laut einer Marktumfrage sehen 90 Prozent von ihnen die neuen Mobilfunkstandard als bedeutend oder sehr bedeutend an. Dies hängt stark mit der Suche nach neuen Geschäftsfeldern zusammen, die von Smart Home über Ladesäulen bis hin zu digitalen Dienstleistungen reichen. Zudem hat die Corona-Pandemie die Notwendigkeit einer digitalen Daseinsvorsorge weiter verdeutlicht. Stadtwerke sehen sich dadurch gezwungen, mehr als nur Strom, Gas und Wasser bereitzustellen, sondern sich auch in den Bereich der digitalen Konnektivität u diversifizieren.

5G ist hierbei von zentraler Bedeutung, da es als universelles Transportmedium für Daten nahezu unbegrenzte Anwendungsmöglichkeiten bietet. Stadtwerken offenbaren sich dadurch zahlreiche vielversprechende Innovations- und Transformationspotenziale, von der Digitalisierung der eigenen Kernwertschöpfung bis hin zur Schaffung neuer Geschäftsmodelle.

Die Rolle der Stadtwerke bei 5G

Stadtwerke können 5G in verschiedenen Rollen nutzen:

  1. Anwenderrolle: Für Internet-of-Things-Anwendungen wie Smart Grids, Ampelsteuerung oder autonome Straßenbahnen.
  2. Infrastrukturbereitsteller: Stadtwerke können bestehende Infrastruktur wie Antennenstandorte, Strom und Glasfaseranschlüsse zur Verfügung stellen.
  3. Anbieter von 5G-Leistungen: Insbesondere zur Versorgung von Gewerbegebieten oder zur Unterstützung von Smart City-Initiativen.

Ein dahingehend aktuelles Thema sind die Campusnetze im Frequenzspektrum von 3,7 bis 3,8 Gigahertz, die für geografisch begrenzte Anwendungen genutzt werden können, also für sogenannte Campusnetze. Während diese Frequenzen derzeit primär für die Industrie auf eng begrenzten Arealen gedacht sind, könnten sie langfristig auch für Stadtwerke von Interesse sein.

Infrastrukturherausforderungen und Chancen

5G erfordert eine Vielzahl von Basisstationen, die per Glasfaser angebunden sind. Trotz des Rückstands Deutschlands im internationalen Vergleich beim Glasfaserausbau könnte 5G hier einen Boom auslösen, indem es die Nachfrage nach Glasfaserverbindungen durch 5G-Small-Cells ansteigen lässt. Eine weitere Herausforderung: 5G überzeugt zwar als Netzwerktechnologie durch hohe Datenbandbreiten und minimale Latenzzeiten, bringt jedoch eine geringe Eindringtiefe in Gebäude mit sich mit. Für die Energieanwendungen der Stadtwerke bedeutet dies, dass anfänglich eine Kombination verschiedener Technologien notwendig sein wird, um idealen Empfang zu garantieren. Langfristig kann jedoch alles auf 5G migriert werden.

Investitionsüberlegungen

Die Investitionen in 5G sind erheblich und müssen gut überlegt sein. Es geht darum, mehrere Use Cases zu kombinieren, um die Investition zu rechtfertigen. Stadtwerke sollten darum zunächst zwei bis drei Use Cases identifizieren, die 90 Prozent der Investition rechtfertigen, und darauf aufbauend weitere Anwendungen zu ergänzen. Der Schritt Richtung 5G erfordert darüber hinaus wichtige strategische Überlegungen. Stadtwerke müssen entscheiden, ob sie ihre vorhandene Infrastruktur weiter vermieten oder ob sie 5G als strategisches Zukunftsthema betrachten, etwa für die Transformation zur Smart City. In vielen Fällen verfügen sie über die notwendige technische Betriebskompetenz, um eine führende Rolle in der Smart-City-Entwicklung übernehmen zu können.

Klimaschutz und Energieeffizienz

In einigen Kommunen gibt es kritische Einstellungen gegenüber 5G, nicht zuletzt hinsichtlich der Energieeffizienz des neuen Mobilfunkstandards. Zwar benötigt 5G pro Datenmenge weniger Energie als frühere Mobilfunktechnologien, jedoch führen die höheren Datenmengen zu einem insgesamt höheren Energiebedarf. Was dabei gerne übersehen wird, ist, dass 5G-Anwendungen wie intelligente Verkehrssteuerung oder Parkraumbewirtschaftung helfen können, Energie zu sparen. Stadtwerke können zudem ihre Rechenzentren und Basisstationen mit erneuerbarem Strom betreiben, um den Energiebedarf nachhaltiger zu gestalten. Es ist wichtig, die Diskussion über die Energieeffizienz immer vor dem Hintergrund der Gesamtbilanz zu betrachten. Dann zeigt sich auch in aller Deutlichkeit, welch zentrale Rolle 5G für Stadtwerke in der digitalen Daseinsvorsorge des 21. Jahrhunderts spielen kann. Durch die strategische Nutzung von 5G können Stadtwerke nicht nur ihre Dienstleistungen erweitern und neue Geschäftsfelder erschließen, sondern entscheidend zur Entwicklung smarter Städte beitragen.