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Expertin Konstanze Schlegelberger im Interview

Zwischen Tradition und Wandel: Organisationsentwicklung bei der DRV Bund

Zusammenfassung
Öffentliche Verwaltungen stehen vor großen Herausforderungen: Digitale Transformation, demografischer Wandel und veränderte Arbeitsmodelle. Wie kann eine Organisation wie die Deutsche Rentenversicherung Bund diesen Wandel aktiv gestalten? Dr. Konstanze Schlegelberger, Leiterin der Unternehmensentwicklung der DRV Bund spricht über die Realität hinter Verwaltungsmythen, Herausforderungen der Organisationsentwicklung und wie die Zukunft der Behörde aussehen könnte.

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    Interview mit Dr. Konstanze Schlegelberger, DRV Bund

    Zwischen Tradition und Wandel: Organisationsentwicklung bei der DRV Bund

    Frau Dr. Schlegelberger, Sie leiten die strategische Unternehmensentwicklung bei der Deutschen Rentenversicherung Bund. Wie kamen Sie zu diesem Themenfeld?

    Ich habe tatsächlich keine klassische Verwaltungsbiografie. Mein Hintergrund liegt in der Kulturanthropologie, wo ich gelernt habe, Systeme und Kulturen zu analysieren. Ich war lange im Privatsektor beschäftigt, bevor ich mich mit strategischer Organisationsentwicklung befasst habe. Mein Ziel ist es, die Organisation und ihre Strukturen zu verstehen, die das Verhalten der Menschen beeinflussen. Ich habe eine Zeit lang im Personalbereich gearbeitet und da begegnet man häufiger dem Satz „Ich möchte irgendwas mit Menschen machen“. Dies ist für mich auch ein Antrieb, also die Organisation zu einer guten Arbeitsumgebung zu machen. Aber aus dem Blickwinkel Kultur und System. Das bedeutet, man muss das Gerüst verstehen, in dem sich Menschen bewegen, und das ist der Ankerpunkt der Organisationsentwicklung: Die Strukturen und kulturellen Gegebenheiten, welche die Organisationen systemimmanent herstellen, prägen letztendlich auch das Verhalten der Menschen. 

    Veränderung begleitet mich schon mein ganzes Berufsleben. Egal wo ich war, es gab immer Transformation. Ich habe gelernt, Wandel als etwas Positives zu sehen und ihn aktiv zu gestalten. Veränderung ist aber auch anstrengend – hat man sich gerade sortiert, kommt schon die nächste Veränderung. Deshalb ist meine stetige Leitfrage auch eine Perspektivfrage: Wie erreicht man, dass Menschen Veränderung positiv wahrnehmen und von ihnen nicht überfordert werden?  

    In der Deutschen Rentenversicherung ist das umso relevanter, weil wir einen gesetzlichen Auftrag für die soziale Sicherheit in Deutschland haben und als Institution für Verlässlichkeit und Stabilität stehen. Und dazu einen Beitrag leisten zu können, vor allem durch die Begleitung von Veränderungen, gefällt mir sehr. 

    Sie waren lange in der Privatwirtschaft tätig. Welche Unterschiede sehen Sie in der Transformation zwischen Privatunternehmen und öffentlichen Institutionen?

    Es gibt viele Klischees: Die Verwaltung sei langsam, während in der Privatwirtschaft alles dynamisch ist. Das habe ich so nicht in jeder Hinsicht erlebt. Die Anforderungen in der Verwaltung sind enorm und an Veränderung und Transformation führt kein Weg vorbei. Besonders die Führungskräfte spielen hierbei eine ganz entscheidende Rolle, besonders in sehr hierarchisch geprägten Organisationsformen wie Verwaltungen.  

    Öffentliche Organisationen sind zwar dabei zwar stark hierarchisch, aber Entscheidungen laufen meiner Erfahrung nach nicht immer einfach von oben nach unten durch. Die Mitarbeitenden in Veränderungen mitzunehmen, um Widerstände gar nicht erst entstehen zu lassen, ist also ganz elementar wichtig.   

    Im öffentlichen Sektor fehlt zudem oft die in der Organisationsform von Wirtschaftsunternehmen angelegte klare wirtschaftliche Orientierung. Das kann dazu führen, dass Kostenbewusstsein weniger präsent ist und Kosten-Nutzen als Orientierung weniger stark greift. Führungskräfte müssen daher aktiv eine strategische Ausrichtung schaffen: Wohin soll sich die Organisation entwickeln? Woran orientieren wir uns? Ein starker gemeinsamer Zweck – wie der Beitrag zur sozialen Sicherheit – kann hier als verbindendes Element dienen. Die Akzeptanz von Veränderung als Normalität wächst, ist aber sicher noch nicht überall vollständig verankert.  

    Die Arbeitswelt ändert sich durch Digitalisierung und den demografischen Wandel enorm. Wie geht die DRV Bund damit um?

    Wir haben hybride Arbeitsmodelle eingeführt und viele Teams arbeiten komplett digital. Die technische Umstellung lief gut, aber die Räumlichkeiten müssen nachziehen, um die hybride Arbeitswelt auch im Büro noch stärker zu verankern. Wir gestalten Co-Working-Spaces, um neue Arbeitsweisen zu unterstützen. Herausforderungen gibt es noch: Als KRITIS-Organisation können wir nicht einfach alle digitalen Tools nutzenhier sind die Hürden zum Teil deutlich höher als in der Privatwirtschaft. Der Wandel bedeutet aber auch eine Abkehr von alten Strukturen und Gewohnheiten – weg von Das haben wir immer schon so gemacht. Die größte Herausforderung ist nicht die Einführung neuer Technologien allein, sondern die Mitarbeitenden auf diesem Weg mitzunehmensie für Veränderungen zu öffnen und die Organisation auf die Arbeit mit den neuen Technologien vorzubereiten. 

    Verwaltungssysteme setzen stark auf Qualität. Wie kann man dennoch effizienter werden?

    Qualität ist das Fundament einer Behörde – sie sichert die Verlässlichkeit staatlicher Entscheidungen und kann nicht einfach zugunsten einer Experimentierkultur aufgeweicht werden. Dennoch erfordert der steigende Anpassungsdruck ein Umdenken: Wo bleibt Qualität unverzichtbar, und wo können wir pragmatischer und schneller agieren? Besonders in Zeiten der Digitalisierung und Automatisierung müssen in diesem Spannungsfeld bewusste Entscheidungen getroffen werden. Doch diese Veränderung greift tief in das Selbstverständnis der Mitarbeitenden als Fachexpert*innen einManchmal würde ich gern einen „Greenfield-Ansatz“ als Experiment wählen und sagen: Wir machen alles neu und schauen dann, wie wir die Kernprozesse wirklich gestalten. Das geht natürlich nicht, aber ohne gezielte Anpassungen bleibt die Verwaltung schwerfällig – es braucht an einigen Stellen mehr Flexibilität und Geschwindigkeit. 

    Auch die Staatsorganisation steht unter Reformdruck. Sehen Sie Parallelen zur DRV Bund?

    In der Deutschen Rentenversicherung wächst die Notwendigkeit, stärker in Prozessen, statt nur in Fachlichkeit zu denken. Abstimmungsprozesse über verschiedene Zuständigkeiten hinweg sind aufwendig und oft langwierig. Eine stärkere Vernetzung, insbesondere zwischen IT und Fachbereichen, ist essenziell, aber kein Selbstläufer. Ein Digitalministerium könnte theoretisch helfen, einen ganzheitlichen Blick auf die Digitalisierung der Verwaltung zu stärken. Um echte Veränderungen herbeizuführen, wird es das Ineinandergreifen der einzelnen fachlichen Perspektiven brauchen. Die Herausforderung besteht darin, unterschiedliche Interessen auszutarieren, ohne dass am Ende mehr als nur der kleinste gemeinsame Nenner übrigbleibt. Mehr Stringenz und Durchsetzungsfähigkeit wären an manchen Stellen notwendig, um Veränderung wirklich zu ermöglichen – doch wie genau das gelingen kann, ist noch offen. 

    Wenn Sie Ihre Wunschvorstellung skizzieren könnten – wie würde die DRV in Zukunft aussehen?

    Ich wünsche mir, dass Transformation gemeinschaftlich, mit Blick auf die Chancen und Herausforderungen für alle Seitengetrieben und als Normalzustand verstanden wird, nicht als Ausnahme oder gar als Bedrohung. Wenn Veränderung so selbstverständlich wird, dass die gezielte Vermittlung des „Warum“ der Transformation kaum noch nötig erscheint, wäre das ein großer Erfolg.  

    Wir müssen langfristig denken: Wie bleibt die DRV auch in 10 oder 15 Jahren eine relevante Organisation? Was brauchen die Kunden dann als Service, wie wird sich die Alterssicherung weiterentwickeln? 

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