State of the New Normal – eine Synthese

Die COVID-Krise hatte ungeahnten Einfluss auf die Arbeitswelt und die Art, wie wir Zusammenarbeit definieren. Nach fast drei Jahren Pandemie ist das – noch vor Kurzem so neue – New Normal mittlerweile zum festen Bestandteil der Arbeitswelt geworden – so könnte man meinen. Aber ist dem wirklich so? Dieser Frage versuchte das LinkedIn-Format State of the Normal der Detecon nachzugehen – mit überraschenden Ergebnissen.
 

State of the New Normal war eine Serie von Kurzinterviews, die Unternehmenslenker*innen und New Work-Vordenker*innen aus unterschiedlichen Unternehmen und Branchen nach ihrer Sicht auf die neue Arbeitsrealität befragte. Je nach Expertise und Tätigkeitsfeld der Interviewpartner*innen lag der Themenschwerpunkt auf einer der Dimensionen des New Work-Ansatzes der Detecon zur Etablierung neuer Arbeitswelten und -weisen in Organisationen: People & Engagement, Places & Spaces, Tools & Technologies oder Organization & Frameworks.

Die State of New Normal-Serie startete im Oktober 2021 und umfasst 19 Kurzinterviews, die über den LinkedIn-Kanal der Detecon veröffentlicht wurden. Jede/r Interviewpartner*in erhielt drei Fragen aus einem standardisierten Fragenkatalog, die kurz und knapp in „Twitterlänge“ (d.h. mit max. 240 Zeichen) beantwortet werden sollten. Aufgrund der Kürze der Interviews war unser Anspruch nicht, inhaltlich erschöpfende Antworten auf die Fragen zu erhalten. Vielmehr war das Ziel, fokussierte Antworten zu erhalten und aus der Summe der Rückmeldungen ein ganzheitliches Bild des New Normal zu zeichnen. Nachfolgend haben wir die spannendsten Ergebnisse und Erkenntnisse aus den Interviews entlang der vier New Work-Dimensionen zusammengefasst:
 

People & Engagement

In der Dimension People & Engagement steht die Information, Change-Begleitung und Befähigung der Mitarbeiter*innen und Führungskräfte für New Work im Fokus. Erst darüber wird New Work in einer Organisation zum Leben erweckt.

Wir haben unsere Interviewpartner*innen gefragt, was sie auch nach dem Ende der Pandemie nicht wieder haben möchten, wie sie ihren persönlichen Arbeitsalltag am liebsten gestalten und was aus ihrer Sicht Remote Leadership unbedingt braucht.

Beim Stichwort „Flexibilität“ waren sich alle einig: keine*r wird die Gebundenheit an den festen Arbeitsplatz vermissen und seine Flexibilität wieder aufgeben wollen. So Dennis Klosterhalfen Director HR MiSUMi Europe GmbH: „Wir sollten kein Rückschritt im Mindset machen und wieder versuchen, alles in ein Korsett zu zurren; stattdessen darauf vertrauen, dass die Flexibilität zum Wohle des Unternehmens und der Mitarbeitenden genutzt wird“.

Im Rahmen dieser Flexibilität genießen die meisten eine gute Mischung von Büro- und Home-Office-Tagen. Sie suchen ihren Arbeitsort aktivitätenbasiert aus und schätzen die Zeit umso mehr, die sie mit ihren Kolleg*innen gemeinsam im Büro verbringen.

Während die Mitarbeitenden die Vorteile des flexiblen Arbeitens genießen, geht das Thema mit größeren Herausforderungen für Führungskräfte einher. Aber auch dafür gibt es ein Erfolgsrezept, und Vertrauen ist dabei die entscheidende Zutat, denn „nur durch Vertrauen kann die Team- und Unternehmensbindung aufrechterhalten werden, während gute Kommunikation unerlässlich ist“, so Kristina Zabbei, Program Lead We.Work.New. bei der T-Systems International GmbH.
 

Places & Spaces

In der Dimension Places & Spaces steht die Transformation des physischen Arbeitsumfeldes im Mittelpunkt. Ein entsprechend gestaltetes, modulares Arbeitsumfeld ermöglicht nicht nur Flexibilität bei der Arbeitsplatzwahl, unterstützt aktivitätenbasiertes Arbeiten und erhöht Kreativität und Produktivität der Mitarbeitenden, sondern kann durch Flächenreduzierung und infrastrukturelle Veränderungen auch Einsparungen generieren.

Auch innerhalb dieser Dimension haben wir spannende Einblicke in den Arbeitsalltag nach der Pandemie mit ihren strengen Regelungen bekommen. Während die Unternehmen weniger Einfluss auf und Mittel für die Gestaltung der einzelnen Home-Office-Arbeitsplätze haben, liegt die Herausforderung in einer ansprechenden Gestaltung der Büros. Es besteht der Wunsch, diese technisch weiterzuentwickeln sowie mit Leben und positiver Energie zu füllen: „Die Arbeitswelt so attraktiv und vielschichtig zu gestalten, dass man den Weg gern auf sich nimmt.“ – Christina Thubeauville, Innenarchitektin.

Selbst wenn viele die Freiheit und Flexibilität auch nach Corona genießen möchten, freuen sich unsere Interviewpartner*innen auf die gemeinsamen Büro-Tage und Austausch mit Kolleg*innen. Eine Herausforderung scheint jedoch noch zu sein, ein für alle passendes hybrides Modell zu finden – neben der gewonnenen individuellen Flexibilität mit Blick auf den Arbeitsort, muss die Entscheidung zum aktivitätenbasierte Arbeiten durch das gesamte Team getroffen und getragen werden (Für welche Tätigkeiten kommen wir in welchem Setting zusammen, um das bestmögliche Ergebnis zu erzielen?).
 

Tools & Technologies

Die Dimension Tools & Technologies umfasst Hard- und Software für New-Work-Anwendungen bis hin zur Sensorik auf der Bürofläche. Die entsprechende Hardware-Ausstattung garantiert einerseits optimale Produktivitäts- und Gesundheitsbedingungen für mobiles Arbeiten, andererseits wird die Kollaboration und Kommunikation beim flexiblen Arbeiten durch eine fokussierte Software-Toollandschaft unterstützt.

Unsere Interviewpartner*innen und ihre Unternehmen haben es gut geschafft, ihre IT-Infrastruktur auf das mobile Arbeiten auszurichten. Die Vielzahl der neuen Tools, die anfangs als große Herausforderung gesehen wurde, wird nun – mit entsprechender Befähigung – als großer Vorteil empfunden. So erlauben die unterschiedlichen Tools, die Arbeit produktiver zu gestalten und besser zu strukturieren: „Hier hilft es über verschiedene Enabling-Formate den Mitarbeitenden Support anzubieten und die Vorteile einer stärker vernetzten Tool-Welt aufzuzeigen“, so Jonas Hellweg, People Experience Consultant bei der T-Systems Multimedia Solutions GmbH.

Im Allgemeinen waren sich alle einig, IT ist ein wichtiger Bestandteil im Business und eine Notwendigkeit für die moderne Arbeitswelt. Hellweg sieht Tools & Technologies als “ein zentrales Zahnrad im Gesamtbild New Normal”. Laut Dirk Ramhorst, CIO/CDO bei Evonik, ist IT „nicht mehr nur Commodity, sondern auf Augenhöhe mit dem Geschäft“.

Es bleibt jedoch nicht bei der Bereitstellung der Hardware-Infrastruktur und der entsprechenden Software. Diese entfalten ihr volles Potential nur wenn das entsprechende Mindset da ist – so muss die IT „Mitarbeitende befähigen zur vollumfänglichen virtuellen Kollaboration – in Sachen Infrastruktur, Tools und Mindset“, so Ramhorst. Mit den richtigen Tools & Technologies lassen sich auch „Kollaboration und Kultur [des Unternehmens fördern], obwohl Homeoffice zum Default-Modus für Arbeit wird“, ergänzt Ivan Cossu, Co-Founder & CEO bei deskbird.
 

Organization & Framework

Die Dimension Organization & Framework umfasst die organisationsindividuelle Vision und Leitplanken, die für ein zukunftsweisendes New-Work-Konzept notwendig sind. Außerdem fassen wir hierunter Regularien wie bspw. Betriebsvereinbarungen zum Mobilen Arbeiten oder IT-Security.

Auf die Frage, wie die Arbeitswelt- und weisen nach Überwindung der Corona Pandemie aussieht, beschrieben die Interviewten die Arbeitswelt von morgen mit folgenden Worten: visionär, innovativ, selbstbestimmt, reflektiert, agil und digital. “Hybrides Arbeiten wird zukünftig eine zentrale Rolle spielen. Was wir tun, bestimmt, wo und wie wir es tun. Büros werden zu Orten der Begegnung und des Austauschs.”  – Jennifer Bath von T-Systems International. Dafür ist eine kulturelle Transformation in Unternehmen erforderlich.

Bezüglich der ungelösten Herausforderungen im Hinblick auf das New Normal nannten einige Interviewte die nachhaltige Verankerung und langfristige Etablierung im Unternehmen. Darüber hinaus sind sie der Meinung, dass es kein universelles New Normal gibt, da die Unternehmen sehr divers sind. Clemens Suerbaum, Sprecher des Zentrums für Digitalisierung Bayern (ZD.B) sagte dazu: “Selbst im selben Unternehmen gilt es, verschieden New Normals auszuhalten”.

Als weitere Herausforderung wurde der persönliche Kontakt unter Kolleg*innen thematisiert. Auch das virtuelle Arbeiten an sich stellt laut Strategieberater und Digitalisierungsexperte Bernd Hilgenberg noch eine Herausforderung dar: Arbeiten in virtuellen Teams erfordert in besonderem Maße Selbstorganisation und -struktur. Hier gibt es noch viel Nachholbedarf, weil das von vielen Mitarbeitern bislang nicht gelernt wurde.“

Die Freiheit, den Arbeitsorts und die Arbeitsweise flexibel auszuwählen, eine bessere Einbindung der Familie durch das mobile Arbeiten und auch die Kombination aus digitalem Denken und agilem Handeln, sind Aspekte, die Interviewte unbedingt beibehalten möchten.
 

Fazit

Die Kurz-Interviews aus unserer Serie State of the New Normal haben uns vielfältige Perspektiven auf das New Normal eröffnet und Einblick in dessen Umsetzung in verschiedenen Unternehmen gewährt. Hieraus ergibt sich ein größeres Bild, das sicherlich Indizien liefert für den Status des New Normals nach mehr als zwei Jahren Pandemie. State of the New Normal war nie als erschöpfende Studie angelegt und so gibt es auch keine abschließenden Antworten. Darüber hinaus ist die die Arbeitswelt heterogen und kontinuierlich in Bewegung, wodurch jegliches noch so sichere Indiz schon morgen einem anderen Trend gewichen sein kann. Denn, wenn etwas das New Normal kennzeichnet, ist es die damit verbundene Agilität und Flexibilität.