Mit Strategie zum digitalen Krankenhaus

Wenn die Coronakrise eines abermals deutlich gemacht hat, dann die Wichtigkeit einer verlässlichen Gesundheitsversorgung. Auch wenn sich das deutsche Gesundheitssystem im internationalen Vergleich gut abschnitt,1  hat die Pandemie den eklatanten Digitalisierungsstau der Branche schonungslos offengelegt. Vor allem hinsichtlich der derzeitigen Wirtschaftslage wird dieser zu immer größeren Herausforderungen für Institutionen wie Personal führen. Nachhaltige Digitalstrategien können dabei helfen, wieder Fahrt in die Digitalisierung zu bekommen.

Das Gesundheitssystem steht vor großen Herausforderungen. Insbesondere Krankenhäuser sehen sich mit steigendem Handlungsdruck konfrontiert. Die Digitalisierung könnte Abhilfe schaffen.

1.     Steigende Kosten

Die anhaltend hohe Inflation, bedingt durch die hohen Energie- und Lebensmittelpreise, hinterlässt auch bei den Krankenhäusern seine Spuren. Parallel dazu führen unabhängige Preisanstiege im Bereich der medizinischen Technologie und damit einhergehenden Bauvorhaben zu zusätzlichen Belastungen. Nicht zuletzt erhöhen auch Lohnsteigerungen noch den Druck (Personalkosten machen häufig 60 Prozent der Gesamtkosten eines Krankenhauses aus). Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) geht für 2023 davon aus, dass 10 bis 20 Prozent der deutschen Kliniken insolvenzgefährdet sein könnten.

2.     Personalmangel

Auch der demografische Wandel wird den Kostendruck in den kommenden Jahren weiter erhöhen. Der bereits heute allgegenwärtige Personalmangel in der Pflege wird sich weiter verschärfen und das Tauziehen um Fachkräfte wird sich intensiveren. Gleichzeitig ist davon auszugehen, dass die allgemein oft schwierigen Arbeitsbedingungen zu einer steigenden Zahl an Frühverrentungen in den kommenden Jahren führen. Die vergleichsweise unattraktiven Arbeitsbedingungen schrecken darüber hinaus potenzielle Nachwuchskräfte ab.

3.     Datenverfügbarkeit und -sicherheit

Daten sind das neue Gold, auch im Gesundheitsbereich. Einen besonderen Mehrwert bieten sie dann, wenn sie über die eigenen Bereiche hinweg ausgetauscht und angereichert werden. Dafür müssen Verfügbarkeit und Sicherheit der Daten gewährleistet sein. Doch gerade Krankenhäuser standen jüngst im Fokus von Cyber-Angriffen (z.B. durch Ransom Ware Angriffe auf einzelne Krankenhäuser in Deutschland und international). Die Investition in IT- und Cybersicherheit ist daher für Krankenhäuser wichtiger denn je und muss unerlässlicher Teil ihrer Digitalisierungsstrategie werden.

Die Digitalisierung eröffnet Krankenhäusern ungeahnte Möglichkeiten, um Effizienzen zu steigern, Prozesse zu vereinfachen, die Sicherheit zu stärken und letztlich Kosten einzusparen. Aktuellen Studien beziffern dieses Einsparungspotenzial auf mindestens 12 Prozent.2 Zudem bringt die Digitalisierung neue Geschäftsmodelle mit sich, die es Krankenhäusern erlauben, ihr Service-Angebot um z.B. datenbasierte Dienstleistungen zu erweitern und somit das Angebot gegenüber Patient:innen zu verbessern.

 

Digitalisierungstreiber KHZG

Die Mittel, um diese Transformation zu stemmen, stellt das sog. Krankenzukunftsgesetz (KHZG) zur Verfügung. Mit einem Investitionsvolumen von 4,3 Milliarden Euro ist das KHZG einer der bedeutendsten Treiber der digitalen Transformation im Krankenhaussektor in Deutschland. Es zielt darauf ab, Krankenhäuser bei ihrer eigenen digitalen Transformation zu unterstützen und den dringend notwendigen Abbau des Digitalisierungsstaus zu ermöglichen. Dazu adressiert das Gesetz mit seinen Fördertatbeständen unterschiedliche Bereiche, wie z.B. Entscheidungsunterstützungssysteme, Patient:innenportale oder auch die eben erwähnte IT-Sicherheit – und das immer mit dem Ziel der Steigerung der Effizienz und der Qualität der Patient:innenversorgung.

In der Praxis zeigt sich jedoch, dass sich viele Krankenhäuser in der Menge der Einzelmaßnahmen des KHZGs verlieren und selten strategisch koordiniert vorgehen.

Strategie im Fokus

Eine Digitalstrategie schafft dahin gehend Abhilfe. Sie macht es möglich, Maßnahmen so zu priorisieren und zu strukturieren, dass sie aufeinander aufbauen und in ihrer Gesamtheit optimal wirken können. Nur so können am Ende die Versorgungsqualität und -sicherheit bestmöglich gesteigert werden.

Eine solche Digitalstrategie muss vier zentrale Handlungsfelder im Krankenhausumfeld adressieren. Diese tragen neben einer klaren Planung und Priorisierung der Digitalisierungsmaßnahmen auch der Umsetzung und den damit einhergehenden Herausforderungen Rechnung.

Produkte & Services: Im Krankenhauskontext definiert eine verantwortungsvolle und qualitativ hochwertige Versorgung der Patient:innen den Service. Der gezielte Einsatz digitaler Tools kann die Qualität dieses Services deutlich erhöhen. Durch Übermittlung von Patient:innendaten zwischen Krankenhäusern und vor- bzw. nachgelagerten Beteiligten (z.B. ambulante Arztpraxen, Rehakliniken, Pflegedienste), kann das Patient:innenerlebnis effizienter, hochwertiger und „angenehmer“ gestaltet werden. Dabei bilden die Beteiligten ein sogenanntes Ökosystem, welches als Ganzes das Behandlungsergebnis und -erlebnis aus Sicht der Patient:innen verbessert.

Kultur & Organisation: Für eine erfolgreiche Transformation spielen die richtige Organisationsform als auch der Beitrag der Mitarbeitenden eine entscheidende Rolle. Krankenhäuser weisen oftmals traditionell geprägte Hierarchien auf. Diese sind insbesondere in Notfallsituationen für eine Sicherstellung klarer Weisungsbefugnisse und somit der Gewährleistung einer sicheren Patient:innenversorgung notwendig. Allerdings kann ein agiles Mindset in verschiedenen nicht-klinischen Bereichen die Produktivität der Mitarbeitenden verbessern. Insgesamt ist es wichtig, eine offene Kultur zu schaffen, die die Mitarbeitenden dazu anregt, neue Technologien zu nutzen und sich einzubringen. Entscheidend für eine solche Kultur ist, diese vom Krankenhausmanagement vorzuleben.

Betriebliche Prozesse: In der Digitalstrategie gilt es zu klären, welche Veränderungen sich für bestehende Prozesse im Krankenhaus ergeben. Bei der digitalen Transformation geht es nicht darum, bisher analoge Prozesse digital abzubilden. Stattdessen bietet die Digitalisierung neue Möglichkeiten, mit denen bestehende Prozesse neugestaltet und optimiert werden können. Die Digitalisierung kann so zu neuen, effizienteren und effektiveren Arbeitsabläufen führen. Mitarbeitende können entlastet und die Arbeitsbedingungen dadurch verbessert werden. Dabei ist es jedoch wichtig, nicht nur die primären Prozesse der Diagnose und Behandlung zu betrachten. Auch sekundäre und tertiäre Prozesse der Verwaltung und Versorgung sollten hier berücksichtigt werden.

Patient:innenschnittstelle: Eine Digitalstrategie muss die Einbindung der Patient:innen in den Fokus rücken. Im Rahmen der Strategie wird sichergestellt, dass die Maßnahmen zur Digitalisierung einen positiven Effekt auf das Patient:innenerlebnis entlang der gesamten Patient Journey haben. So kann z.B. eine digitale Aufnahme der Patient:innen zu kürzeren Wartezeiten bei Notfällen beitragen. Gleichzeitig können digitale Terminvereinbarungen, etwa für Untersuchungen, die Planung vereinfachen. Diese und weitere Punkte fördern und verbessern nicht nur die Patient Experience. Sie wirken sich gleichzeitig positiv auf die Wahrnehmung des Krankenhauses und den überweisenden Hausärzten aus.

Diese vier Dimensionen setzen den Rahmen für die erfolgreiche Ausgestaltung der Digitalisierung samt darauf aufbauender Komponenten, wie u.a. Software, Tools, Systeme oder Plattformen.

Strategisch zum Ziel

Eine ganzheitliche Digitalisierungsstrategie ist die unabdingbare Voraussetzung für eine erfolgreiche Zukunft im Gesundheitswesen, insbesondere für Krankenhäuser. Eine nachhaltig aufgebaute Digitalstrategie stellt sicher, dass alle Aspekte für eine erfolgreiche Digitalisierung berücksichtigt und die Potenziale der Digitalisierung in vollem Maße gehoben werden können. Ein solcher Digitalisierungsfahrplan bringt einen klaren Kosten- und Wettbewerbsvorteil in einem immer herausfordernderen Gesundheitsmarkt.

Durch die jüngst verkündete Fristverlängerung des KHZG wir das Thema Digitalisierung auch zukünftig für viele Krankenhäuser aktuell bleiben. Und damit auch das Thema Digitalstrategie. Denn eins ist klar: Gänzlich ohne Strategie geht es nicht.