Wie die Digitalisierung im Öffentlichen Gesundheitsdienst gelingt

Der Öffentliche Gesundheitsdienst (ÖGD) agiert oftmals fernab des Bewusstseins der Öffentlichkeit. In Berührung kommen damit viele, aber ohne sich dessen bewusst zu sein, wie beispielsweise beim Thema Gesundheitsprävention. Der ÖGD hat zur Aufgabe, den Schutz der Gesundheit innerhalb der Bevölkerung sicherzustellen. Durch mangelnde Finanzierung, die Pandemie sowie die Anforderungen der Digitalisierung steht dieser Bereich jedoch vor großen Herausforderungen. Abhilfe soll der von Bund und Ländern beschlossene „Pakt für den ÖGD“ mit einer Summe von vier Milliarden Euro schaffen.

Fehlende Gelder im Öffentlichen Gesundheitsdienst resultierten in einem Mangel an Personal und Infrastruktur. Die Corona-Pandemie im Jahr 2020 und die personelle Knappheit sowie der geringe Grad an Digitalisierung hat die Mehrbelastung zusehends verstärkt. Das ist mittlerweile bis zur Bevölkerung durchgedrungen. Die Problematik ist jedoch nicht neu: Die Lungenerkrankung SARS, die Vogelgrippe sowie das Ausbrechen der Influenza A H1N1 hat die Gesundheitsämter schon in früheren Zeiten vor große Herausforderungen gestellt. Bereits 2009 bedurfte große Anstrengungen, den Anfragen der Bevölkerung gerecht zu werden und pandemiebedingte Aufgabenanforderungen, parallel zu anderen Tätigkeiten, abzuwickeln (Quelle: Ärzteblatt).

Der Pakt für den ÖGD

Die Pandemie hat auch zu einem Umdenken in Bevölkerung und Politik beigetragen und die Arbeit der Gesundheitsämter wurde zum Teil sehr wertgeschätzt und in Bezug auf die zentrale Rolle bei der Pandemiebekämpfung durchaus gewürdigt (Quelle: Tagesschau). In gewisser Hinsicht hat die Politik trotzdem erkannt, dass sich der ÖGD für die Zukunft besser aufstellen muss, um sowohl alltägliche Aufgaben zuverlässig zu erledigen als auch in Krisenzeiten angemessen reagieren zu können. Bund und Länder stellten deshalb mit dem „Pakt für den ÖGD“ insgesamt vier Milliarden Euro bereit, die hauptsächlich zur personellen Verstärkung und der Digitalisierung beitragen sollen.

Fördervorhaben des BMG für Digitalisierung vom ÖGD (555 Mio. Euro)

Der Bund hat hierfür folgende fünf Schwerpunkte mit besonderem Förderbedarf identifiziert:

  1. Personalaufbau

  2. Steigerung der Attraktivität des ÖGD

  3. Umsetzung internationaler Vorschriften zur Gesundheitssicherheit

  4. Zukunftsfähige Strukturen

  5. Digitalisierung

Zudem sorgt ein externer Beirat aus verschiedenen Vertreter*innen der Institutionen des ÖGDs dafür, den Bereich organisatorisch und planerisch auf zukünftige Pandemien und gesundheitliche Notlagen vorzubereiten. Dessen erster Bericht gab Aufschluss über die Herausforderungen, die man durch klare Handlungsempfehlungen mit dem Pakt für den ÖGD umsetzen möchte (Quelle: BMG). Nachfolgend werden die Handlungsempfehlungen zusammenfassend erläutert.

Krisenmanagement- und kommunikation

Einheitliche Strukturen des ÖGD bilden eine der Grundvoraussetzungen im Krisenmanagement. Dafür wird unter anderem auch Personal benötigt, welches in diesem Bereich geschult ist und zeitlich flexibel in Krisen und Katastrophenfällen zusammen mit anderen öffentlichen Institutionen interagieren kann.

Es ist außerdem zwingend notwendig, die Gesundheitsämter zu digitalisieren, sodass eine Echtzeitübertragung von aufgetretenen Fällen im Rahmen des Infektionsschutzes möglich ist und tagesaktuelle Fallzahlen abgerufen und analysiert werden können. Des Weiteren sollte die Abstimmung notwendiger Informationen zwischen Bund und Landesbehörden optimiert und im Zuge dessen direkt für die Bürger*innen verständlich und flächendeckend zur Verfügung gestellt werden.

Personal, Finanzierung & Ressourcen

Wie eingangs erwähnt, ist eine Stärkung der Personalausstattung des ÖGD in allen Bereichen erforderlich. Aus den Daten des Statistischen Bundesamtes geht hervor, dass 2021 mindestens 21.460 Menschen in Gesundheitsämtern oder anderen öffentlichen Gesundheitsbehörden unbefristet beschäftigt wurden. Das ist, verglichen mit Daten vor der Corona-Pandemie, ein Gesamtanstieg um etwa 14 % (Quelle: destatis). Dennoch erschwert insbesondere der Fachkräftemangel die Einstellung von ärztlichem Fachpersonal. Dies hat zur Folge, dass Arztstellen unbesetzt bleiben, da das vielfältige Einsatzspektrum zusätzliche Weiterbildungen und Qualifizierungen erfordert, die Verdienstmöglichkeiten allerdings geringer im Vergleich zu vergleichbaren medizinischen Berufen sind (Quelle: Ärzteblatt).

Des Weiteren sollte die materielle Versorgung des ÖGDs sichergestellt werden. Hierfür soll in Zukunft der Grundbedarf materieller Ausstattung für das Personal der Gesundheitsämter vorhanden sein. Dabei gilt es zu berücksichtigen, dass die Verfügbarkeit alltäglicher Materialien (Schutzausrüstung, spezifische Diagnosegeräte) und die Strukturen, auf die man im Krisenfall zugreifen muss, sichergestellt werden. Es ist ein Finanzierungskonzept notwendig, welches eine nachhaltige Finanzierung des ÖGDs erlaubt.

Forschung und Aus-, Fort- und Weiterbildung

Eine weitere Grundvoraussetzung, um die Aufgaben des ÖGD zu erfüllen, ist qualifiziertes und motiviertes Personal. Neue Konzepte und Ideen müssen erarbeitet werden, um Weiterbildungsmaßnahmen bzw. Qualifizierungsprogramme für Mitarbeitende anzubieten. Die Entwicklung von Schulungskonzepten führt zur Vermittlung von zielgruppenspezifischem Wissen und der Steigerung des Kompetenzniveaus innerhalb der Gesundheitsämter.

Ein Fokus liegt darauf, Aufgaben im Krisenmanagement zu übernehmen. Innerhalb der nächsten fünf Jahre werden in diesem Bereich Qualifizierungsangebote mit bedarfsgerechten digitalen Formaten angeboten. Zudem sollen die Inhalte des ÖGDs in relevante Ausbildungen und Studiengänge integriert werden. Schon heute gibt es Bundesländer, die Medizinstudienplätze für Bewerber*innen reservieren, die sich verpflichten im ÖGD tätig zu werden.

Dennoch spielen Inhalte des ÖGDs in der Ausbildung von medizinischem Personal nur eine untergeordnete Rolle. Um wissenschaftlich fundierte Handlungsempfehlungen veröffentlichen zu können, muss die zentrale Rolle des Bereichs in Forschung und Wissenschaft gesichert werden. Dafür benötigt es den Ausbau von Prozessen und Programmen, um intraprofessionelle Kooperationen zwischen Forschungseinrichtungen und dem ÖGD zu ermöglichen.

Erfahren Sie mehr über unsere Unterstützung im Bereich ÖGD

Über ein Förderprogramm des Bundes in Höhe von 555 Mio. Euro soll auch der digitale Ausbau des ÖGD insbesondere im Bereich des Infektionsschutzes, u. a. zum Aufbau und der Bereitstellung einheitlicher Systeme und Tools, unterstützt werden und Interoperabilität zwischen den Akteuren und Einrichtungen im Gesundheitssystem gewährleisten. Wir unterstützen Sie auf Ihrem Weg zum Digitalen Gesundheitsamt! Hier finden Sie weitere Informationen zu unserem Beratungsangebot.

Digitalisierung

Der ÖGD muss vor allem im Bereich Digitalisierung voranschreiten, für den insgesamt 555 Millionen Euro im Pakt ÖGD vorgesehen sind. Nur dadurch, kann gewährleistet werden, mit aktuellen Digitalisierungstrends wie z. B. der elektronischen Patientenakte oder Telemedizin mitzuhalten und sich in diesen Themen zu positionieren. Nicht zuletzt die Pandemie hat offengelegt, dass grundlegende Prozesse, die für die Zusammenarbeit zwischen allen Akteur*innen des ÖGD notwendig sind, einer Verbesserung bedürfen.

Der Datenstrom und die Zusammenarbeit sollten möglichst medienbruchfrei sein. Die aktuelle und derzeit nicht ausreichende technologische Ausstattung sollte sukzessive aktualisiert oder ausgetauscht werden. Generell ist es notwendig, die vorhandenen Strukturen zu vereinheitlichen und Systeme kompatibel einzurichten. Hierzu soll vor allem der Ausbau zweiter IT-Systeme, DEMIS und SORMAS, weiter fokussiert werden. Der Beirat des Pakt ÖGD empfiehlt dahingehend, dass alle Akteur*innen ein gemeinsames IT-System für den Infektionsschutz nutzen, um die bundesweite Interoperabilität sicherzustellen. Im Bereich Digitalisierung unterstützen wir als Unternehmensberatung mit besonderer Branchenexpertise das Leitbild des digitalen Gesundheitsamts 2025.

Ausblick

Die Corona-Pandemie hat dem ÖGD und der Politik sehr viel abverlangt und offengelegt, was die in den letzten Jahrzehnten vernachlässigt wurde. Mit dem „Pakt für den ÖGD“ werden erstmals konkrete finanzielle Zusagen gemacht, um den Bereich zukünftig neu aufzustellen und bietet eine Chance sich zu transformieren und weiterhin den Schutz der Gesundheit in Deutschland bestmöglich zu gewährleisten.