Erfolgsfaktoren einer zukunftsweisenden Cloud-Strategie

Um auf die diversen Vorteile des cloudbasierten Arbeitens zugreifen zu können, benötigen Unternehmen eine individualisierte Strategie für den Weg in die Cloud. Sie sollten einen sorgfältig durchdachten Ansatz entwickeln. Dazu gehören Ressourcenzuweisungen, das Risikomanagement, Kostenoptimierung und vor allem eine Ausrichtung auf die Gesamtstrategie des Unternehmens. Außerdem sollte sie Risiken wie Kostenüberschreitungen, Sicherheitslücken oder nicht erfüllte regulatorischen Anforderungen minimieren.

Eine ganzheitliche Cloud-Strategie baut daher auf acht Säulen auf:
Grafik 1: Acht Teilbereiche der Cloud-Strategie

Use Cases

Das Identifizieren potenzieller Use Cases ist ein zentraler Bestandteil der Entwicklung einer Cloud-Strategie. Dies beinhaltet eine gründliche Bewertung aller bestehenden Geschäftsbereiche, um zu ermitteln, welche Potenziale die Cloud bieten kann, aber auch, um mögliche Risiken frühzeitig zu identifizieren und sie bereits vorab zu begrenzen. Die identifizierten Use Cases sollten auch im Zusammenspiel mit bestehenden Prozessen analysiert werden, um auf die potenziellen Vorteile zugreifen zu können.  

Ein möglicher Use Case liegt in der gezielten Errichtung und Nutzung von skalierbaren Cloud-Umgebungen, die sich flexibel an den tatsächlichen Bedarf des Unternehmens anpassen. Ein einfaches Beispiel hierfür ist die Nutzung von Entwicklungs- und Testumgebungen, die nicht kontinuierlich benötigt werden. Je nach Bedarf, können sie an Wochenenden oder außerhalb der Betriebszeiten, hoch- oder heruntergefahren werden, um erhebliche Kosteneinsparungen herbeizuführen. Weiterhin können Unternehmen verschiedene Umgebungen vorab kostengünstig testen und sich für das effizienteste Setup entscheiden.

Unternehmensstrategie

Die Cloud-Strategie sollte mit der übergreifenden Unternehmensstrategie einhergehen. Nur dadurch können Synergien entstehen, die das Unternehmen langfristig voranbringen und Geschäftsergebnisse maximieren. Für die Entwicklung der Cloud-Strategie müssen zunächst alle übergreifend relevanten Faktoren identifiziert und analysiert werden. Gegebenenfalls sollte die Unternehmensstrategie an die neuen Bedürfnisse des cloudbasierten Arbeitens angepasst werden – dazu gehören interne und externe, alte, aber auch neue Prozesse, die durch die Umstellung hinzukommen.

Zwei mögliche Anpassungen der Cloud-Strategie an die Unternehmensstrategie sind die Integration von FinOps und die Planung einer Exit-Strategie. FinOps (Financial Operations) überwachen die Cloud-Nutzung, um aktuelle Kosten zu optimieren sowie geplante Budgets einzuhalten. Eine gut durchdachte Exit-Strategie gewährleistet ein sicheres Aussteigen aus der Cloud bei möglichen politischen, rechtlichen, vertraglichen oder technischen Herausforderungen, wodurch Risiken minimiert und IT-Flexibilität sichergestellt wird.

Governance

Die Governance vereint Prozesse der Definition, Implementierung und Überwachung von Richtlinien, die als Leitplanken für den Cloud-Betrieb dienen. Die Governance kann auf bisherigen IT-Praktiken aufbauen, muss aber die besonderen Ansprüche des Cloud-Arbeitens berücksichtigen. Eine ordnungsgemäße Governance ist mit allen Teilen des Cloud-Betriebs verbunden. Dadurch kann sie die Leistung und Effizienz der Organisation verbessern, indem sie Transparenz und angemessene Kontrollmechanismen bietet. Gleichzeitig erhöht sie die organisatorische Sicherheit und Resilienz und erfüllt interne und externe regulatorischer Anforderungen.

Target Operating Model (TOM)

Eine erfolgreiche Cloud-Strategie erfordert Einigkeit aller Entscheidungsträger über die gewünschte Perspektive der Cloud-Umgebung und der entsprechenden Prozesse. Daher müssen alle Cloud-Prozesse an die Gesamtbedürfnisse des Unternehmens angepasst sein. Um diese Bedürfnisse identifizieren zu können, sind Interviews und Workshops erforderlich. Neben technischen Aspekten gehören auch organisatorische Überlegungen zum Grundprinzip eines anzustrebenden Target Operating Model (TOM). Daher müssen neben Skill-, Talent- und Change-Management auch prozessuale Anpassungen sowie die verwendeten Cloud-Technologien berücksichtigt werden, um einen integrierten Ansatz aus Menschen, Prozessen und Technologien zu gewährleisten.

Um eine solche übergreifende Strategie zu entwickeln, ist ein zukunftsweisendes Change-Management unabdingbar. Der Übergang in die Cloud beinhaltet erhebliche organisatorische Veränderungen. Es ist entscheidend, diese Veränderungen effektiv zu bewältigen, um einen reibungslosen Übergang sicherzustellen. Dazu gehören klare Kommunikation über die Vorteile und Veränderungen der Cloud, sowie Schulungen für Mitarbeitende, um sie bei der Adaption der neuen Technologien und Prozesse zu unterstützen.

Architektur

Unternehmen können aus den vielfältigen Angeboten der Cloud Service Provider eine geeignete Architektur für ihre Umgebungen auswählen und sie an ihre Bedürfnisse anpassen. Es besteht die Möglichkeit, alle Services bei einem einzigen Anbieter zu konsolidieren oder einen Multi-Cloud-Ansatz zu wählen. Und auch ein privater oder hybrider Cloud-Ansatz kann in Betracht gezogen werden. Die Servicemodelle sind abhängig von den jeweiligen Anwendungsfällen und die heutigen Angebote von „Anything as a Service“ (XaaS) gehen weit über die klassischen Optionen von IaaS oder SaaS hinaus. Dazu zählen unter anderem auch komplexe KI-Modelle und sogar eine digitale Belegschaft. Service Level Agreements (SLAs) können dabei klare Zusicherungen hinsichtlich Verfügbarkeit und Leistung bieten und definieren Entschädigungen für Ausfälle, sollten aber budgetär abgewogen werden.

Verschiedene Architekturformen beeinflussen auch die Portabilität von Daten und Anwendungen. In einer klassischen serverbasierten Landschaft sind die Applikationen fest mit der zugrundeliegenden Infrastruktur verbunden. Container hingegen, kapseln Anwendungen und ihre Abhängigkeiten ein und ermöglichen es, einzelne Applikationen aufzuteilen und über verschiedenen Umgebungen hinweg beweglich einsetzen zu können. Eine dritte Option sind serverlose Architekturen, bei denen Anwendungen nur dann ausgeführt werden, wenn sie aufgerufen werden, ohne dass sich Entwickler um die Serverinfrastruktur kümmern müssen.

Um den Entscheidungsprozess für all dies zu erleichtern, ist es für Unternehmen ratsam, ein Cloud Center of Excellence (CCoE) zu etablieren. Das CCoE dient als zentrale Anlaufstelle für Cloud-Initiativen und trägt maßgeblich zum langfristig effizienten Einsatz von Cloud-Services, bspw. durch vordefinierte Referenzarchitekturen, bei.

Migration

Nur sehr wenige Unternehmen starten ihre Reise direkt in der Cloud und können somit von Beginn an Cloud-native Anwendungsarchitekturen aufbauen. Die meisten haben bereits bestehende Systeme und Prozesse, die während der Migration evaluiert und angepasst werden müssen. Organisationen entscheiden im Migrationsprozess, welche Systeme und Prozesse sie beibehalten und welche geändert oder ersetzt werden sollen. Dies erfordert eine sorgfältige Bewertung der aktuellen IT-Landschaft.

Darauf aufbauend wird für jede Applikation oder Service ein individueller Pfad in die Cloud festgelegt. Dies kann bedeuten, die Services unverändert in die Cloud zu verschieben (Lift-and-Shift), bestehende Cloud-Lösungen zu nutzen, um alte oder selbst entwickelte Services zu ersetzen (Replace) oder sogar einen völlig neuen, Cloud-nativen Nachfolger des ursprünglichen Service zu entwickeln (Rebuild). Zusätzlich sollten sie gegebenenfalls an das Target Operating Model angepasst werden. 

Sourcing

Beim Beschaffen neuer Technologien sollten Unternehmen neben dem notwendigen Fachwissen auch ein Verständnis für Kostenstrukturen, Agilität und Sicherheit entwickeln, um die gewählten Cloud-Technologien ganzheitlich einsetzen zu können. Hierbei können sie von der Zusammenarbeit mit externen Serviceprovidern profitieren, die bei der Implementierung unterstützen und kontinuierliche Wartung und Optimierung der Cloud-Lösungen gewährleisten.

Eine solide Tooling-Strategie kann dabei helfen, die Effizienz der eingesetzten Ressourcen zu maximieren. Durch die Auswahl geeigneter Werkzeuge, ermöglicht sie eine zuverlässige Bereitstellung von Diensten zur Automatisierung, Überwachung und Orchestrierung. 

Ein weiterer kritischer Faktor ist die Sicherstellung der notwendigen Fähigkeiten des Cloud-Personals. Dafür sollte vorhandenes Personal weitergebildet werden und auch neue Mitarbeiter*innen mit entsprechenden Erfahrungen einzustellen.  Das Cloud Center of Excellence kann dabei als Koordinations- und Wissenszentrum innerhalb des Unternehmens fungieren. Es sollte Mitarbeitenden gezielte Schulungen und Weiterbildungen bieten, um sie optimal auf die Cloud-Reise vorzubereiten.

Regulatorische Anforderungen

Angesichts immer neuer Datenschutzvorschriften kann es eine Herausforderung sein, ein umfassendes Verständnis der regulatorischen Anforderungen für die Arbeit in der Cloud zu gewinnen und aufrechtzuerhalten.

Unternehmen müssen eine Reihe von allgemeinen Vorschriften und Standards bei der Cloud-Migration berücksichtigen. Dazu gehören die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) und ISO/IEC 27001 sowie branchenspezifische Anforderungen wie BAIT (Bankaufsichtliche Anforderungen an die IT) oder DiGAV (Digitale Gesundheitsanwendungsverordnung). Um die Vorschriften fortlaufend einhalten zu können, sollten Unternehmen kontinuierlich feststellen, welche Zertifizierungen für ihre spezifische Situation angemessen sind.

Die erfolgreiche Cloud-Strategieentwicklung ist komplex und erfordert sorgfältiges Planen und Ausrichten auf Geschäftsziele. Herausforderungen wie Kostenmanagement, Sicherheit, Vorschriften, Fachkenntnislücken und technische Probleme sollten als Wachstumschancen betrachtet werden. Der Übergang in die Cloud ist ein Paradigmenwechsel mit vielfältigen Potenzialen. Die Reise in die Cloud erfordert kontinuierliches Lernen und Anpassen. Eine klare Strategie, ein Bewusstsein für Herausforderungen und ein zielgerichteter Fokus sind dabei entscheidend, um das volle Potenzial der Cloud auszuschöpfen.

Vielen Dank an Matteo Alessandro Lang für die Mitarbeit an diesem Artikel.