COMRebel Maike Kueper

Maike Küper ist Senior Consultant bei Detecon International und seit einiger Zeit aus den sozialen Medien nicht mehr wegzudenken. Ihre Themen: Neues Arbeiten, Innovation, Digitales und Agiles. Ihr Lieblingsspielfeld: Twitter. Dort hat sie vor einigen Jahren ihren Weg gefunden, zu kommunizieren, zu networken und sich auf dem Laufenden zu halten. Und: zu teilen. Mit Ingrid Blessing spricht sie über ihr Leben im digitalen und im analogen Raum, und über die Wichtigkeit, beides in eine gute Balance zu bringen.

Liebe Maike, du bist zu einer festen Größe auf Twitter geworden. 5.502 Follower auf Twitter, 8.599 Tweets (Stand: 6. Sep. 2019), also durchschnittlich zwei pro Tag, überdurchschnittlich hohe Resonanz und eine Interaktion, von der viele nur träumen. Als was würdest du dich heute bezeichnen? Thought Leader, Influencerin, Botschafterin für irgendwas oder irgendwen?

Ich hadere ehrlich gesagt sehr mit all diesen Begriffen. Leute, die sich selbst Thought Leader nennen, finde ich ziemlich peinlich. Natürlich freue ich mich, wenn andere mich so nennen oder wenn ich zum Beispiel auf einer Micro-Influencer-Liste erscheine. Das finde ich schon cool. Ich habe es aber nie darauf angelegt, eine bestimmte Follower-Zahl zu erreichen oder irgendjemanden im Wortsinne eines Influencers zu beeinflussen. Am ehesten sehe ich mich als Networkerin, und am meisten freue ich mich über das Feedback, jemanden inspiriert oder zum Nachdenken angeregt zu haben.

Was hat sich in deinem Leben verändert, seitdem du den digitalen Raum betreten hast?

Angefangen hat alles mit Twitter. Ich hatte den Account schon seit einigen Jahren und fand auch spannend, was da passierte. Aber das rauschte eher alles an mir vorbei. Dann besuchte ich bei Detecon eines dieser ‚Social Fit Trainings‘ und da wurde das plötzlich anfassbar. Dort bekam ich konkrete Tipps, wie die ersten Schritte zur digitalen Marke aussehen können, wie man seine Community findet und ausbaut, sein Profil formt usw. – und plötzlich wurde aus dem News-Kanal eine Plattform für den Austausch mit Gleichgesinnten.

Was sich seitdem geändert hat? Ich habe eine ganz andere Visibilität nach intern und vor allem nach extern, bekomme sehr viel Wertschätzung für die Themen, die ich bearbeite, werde eingeladen als Speaker oder zu Events. Und das häufig von Menschen, die mit meiner direkten Arbeit gar nichts zu tun haben.

Wieviel Zeit verbringst du täglich in den Sozialen Medien?

(Lacht) Vermutlich zu viel. Also mehr als eine Stunde täglich. Aber immer nur in kleinen Häppchen. Dabei ist mir die Interaktion sehr wichtig. Es langweilt mich, einfach nur Artikel aus der Harvard Business Review zu teilen und einen Satz dazu zu schreiben. Das bringt auch keine Interaktion. Ich teile gerne Beobachtungen aus meinem Arbeitsalltag oder Gedanken, die mir gerade so einfallen und die ich diskutieren möchte. Und ich stelle Fragen, die mich umtreiben. Was für mich das Ziel ist, das habe ich erst im Lauf der Zeit realisiert. Nämlich dass ich etwas lerne, dass ich andere Perspektiven bekomme, dass ich Inspiration und Input bekomme und gebe, die ich nicht unter Kollegen bekomme, sondern von der Crowd da draußen. Insofern ist das eher unangestrengt und Teil meines Alltags. Meistens bekomme ich hier schneller als anderswo innerhalb kürzester Zeit, was ich brauche. Und ich kann direkt sehr viel zurückgeben.

Erfolg im digitalen Raum: gut und schön. Wie gelingt dir der Transfer in die analoge Welt? Gibt es überhaupt ein Ziel, das du verfolgst?

Wie gesagt, das passiert bei mir alles wenig strategisch. Ich habe nicht das Ziel, pro Jahr drei neue Kunden über die sozialen Medien zu bekommen. Es macht mir Spaß, ich lerne gerne neue Leute kennen. Ich pushe nicht meine Beratungsangebote, das finde ich bei anderen Accounts selbst extrem nervig – da bin ich schon nutzerzentriert im Sinne von „Poste für deine Follower und nicht für dich“. Aber tatsächlich habe ich einige Kundenprojekte daraus bekommen.

Weitere konkrete Nutzen in Richtung analoge Welt: ich wurde zu Veranstaltungen eingeladen, zu denen ich sonst keinen Zugang gehabt hätte, wurde Teil eines tollen Working out Loud Circles, der daraus entstanden ist. Ich kam mit Menschen in Kontakt, mit denen ich aufgrund von hierarchischen Hürden vermutlich nicht so einfach ins Gespräch gekommen wäre. Ich lernte Leute kennen, mit denen ich dann einfach und unbürokratisch Telefonkontakt hatte, Menschen erkennen mich auf Veranstaltungen und sprechen mich ganz unkompliziert an mit einem „Hallo, du bist doch Maike!“ Das macht Spaß und das Geben und Nehmen wird ab einer bestimmten Netzwerkgröße und -qualität immer einfacher.

Du bezeichnest dich auf LinkedIn als ‚Senior Consultant + Speaker für Innovation, New Work, Design Thinking‘. Andere nennen sich ‚Expert of Irgendwas bei Daimler oder Siemens oder der Telekom‘. Wieviel Maike Küper und wieviel Detecon steckt in deinem Personal Brand?

Ich verdanke der Detecon den Zugang zum Personal Branding und den digitalen Medien in dieser Intensität. Ohne diesen Schubs in Form eines Trainings wäre ich nicht, wo ich heute bin. Ich konnte mich auch sehr gut an einigen Kollegen, an deren Filterblase und ihren Aktivitäten im Netz orientieren. Davon habe ich mich aber schnell emanzipiert. Ich will kein Sprachrohr für meinen Arbeitgeber sein. Social Media Kommunikation ist ‚Human-to-Human Kommunikation‘ und das bloße Teilen von Corporate Content macht mich nicht zu einer authentischen Person. Viel spannender, glaubwürdiger und – glaube ich – sympathischer ist doch, wenn ich aus meiner persönlichen Perspektive spreche und damit meinen Arbeitsalltag bei Detecon oder bei wem auch immer mittransportiere. Dadurch wird mein Unternehmen indirekt viel erlebbarer. Ich verleugne meinen Arbeitgeber natürlich nicht. Im Gegenteil, der erscheint in all meinen Profilen und ist Teil meiner Identität. Meine Follower folgen mir aber glaube ich nicht, weil ich Detecon-Beraterin bin, sondern weil ich Maike bin.

Man kann dich mit Fug und Recht als Rebellin bezeichnen: du bist ehrlich, stellst unbequeme Fragen, postest einfach das, was dich gerade bewegt: gab es da noch nie ein Stirnrunzeln auf Seiten deiner KollegInnen oder Vorgesetzten?

Nein. Am Anfang war ich sicherlich ein bisschen vorsichtiger als heute. Aber da ich einen Chef habe, der nach dem Motto lebt: „Lieber machen und auf den Deckel kriegen, als immer nur zu fragen“, wurde ich von Beginn an ermuntert, mich auszuprobieren.

Ich bin allerdings auch sehr sensibel, was den Schutz von Personendaten angeht und würde z.B. nie Kinderfotos posten oder Kunden beim Namen nennen. Relevante Erlebnisse bei Kunden poste ich beispielsweise vier Wochen später, damit nicht klar wird, in welchem Kontext ich mich grade befand. Aber da mir immer vorgelebt wurde, meine Meinung zum Ausdruck zu bringen, tue ich das auch. Vielleicht ist das eines meiner Erfolgsgeheimnisse.

A propos Meinung: Früher die über zig Schleifen abgestimmte und glattgebügelte Pressemitteilung, heute kommuniziert jeder mit jedem.Wie siehst du künftig das Zusammenspiel der zentralen Unternehmenskommunikation mit dezentralen Marken- oder Themenbotschaftern wie du es bist?

Ich glaube, die Unternehmenskommunikation versteht sich heute immer noch zu sehr als Gateway nach draußen. Das halte ich für gefährlich, weil man damit sehr viel Potenzial verschenkt und weil das auch ressourcentechnisch gar nicht mehr machbar ist. Kommunikationsabteilungen werden bekanntlich nicht vergrößert, sondern eher zusammengestrichen. Von daher ist es doch – wie alle so schön sagen – viel ‚antifragiler‘, wenn man diesen Job auf viele Köpfe verteilt. Und ganz ehrlich: wer geht denn, wenn er sich für eine Firma interessiert, auf die Website und liest sich dort die siebentausend Mal gefilterten Pressemitteilungen durch? Da steht doch nur das, was alle sagen, was super-unangreifbar ist, aber kein bisschen authentisch. Deshalb finde ich es viel weniger glaubwürdig als das, was die Mitarbeiter des Unternehmens in ihren persönlichen Kanälen verbreiten.

Wenn du drei Wünsche an deinen Arbeitgeber frei hättest: wie könnte dieser dich besser in deinen kommunikativen Aktivitäten unterstützen?

Hm, ich denke, das ist Typsache. Ich agiere heute sehr unabhängig. Wichtig ist das Enabling, also Leuten die Angst zu nehmen, etwas zu formulieren, sich auszudrücken, einfach zu machen.

Mir hat es wie gesagt sehr geholfen, dass Detecon diese Trainings anbietet, in denen man zum Beispiel lernt, welche Kanäle es gibt, welcher davon zu einem passt, was erlaubt ist und was nicht und so weiter. Viel lernen könnte ich persönlich noch in Bezug auf Analytics, Kennzahlen, Suchmaschinenoptimierung. Da wären ein paar Anregungen hilfreich.

Geht dir das tägliche Accounts-Checken, das Immer-am-Ball-bleiben, das dauernde Lesen sich wiederholender Mikro-Botschaften nicht manchmal auf die Nerven? Wie vermeidest du, dass du zum gestressten News-Junkie wirst?

Ich habe mir angewöhnt, alle 3-4 Monate eine Art Frühjahrsputz zu machen. Ich bin relativ radikal im Entfolgen und Stummschalten von Personen. Menschen, die zu viel Werbung und Propaganda-Blabla posten, schmeiße ich raus aus meinen Netzwerk. So gelingt es mir, die Inhalte in meinen Timelines interessant zu halten. Manchmal wünschte ich mir, es würde mich ein bisschen weniger fesseln und ich könnte Dinge automatisieren. Aber dann ginge auch der Spaß verloren, denn es geht mir ja vor allem um Interaktion. Ich denke, ich bin weit entfernt vom News-Junkie. Klassische News lese ich übrigens tatsächlich fast gar keine mehr, ich kriege alles über Twitter - viel schneller und auf mich zugeschnitten als in den klassischen Medien. Zu interessanten Themen suche ich dann kanalunabhängig nach passenden Deep-Dives.

Welche Tipps gibst du Menschen, die erfolgreich ihre digitale Marke aufbauen möchten? Welche Fehler kann man vermeiden? Was würdest du heute anders machen?

Am Anfang sollte man sich an einigen Role Models orientieren, die erfolgreich sind, damit man nicht vollkommen ‚lost‘ ist. Für mich persönlich war es ein guter Weg, mir nicht allzu viele Gedanken zu machen und Ziele zu setzen, sondern spielerisch meinen ganz eigenen Weg zu finden, wie ich kommuniziere.

Ganz wichtig finde ich auch, den Weg in die analoge Welt zu finden. Wir reden hier über Networking, nicht über ‚Social-Media-Geschreibsel‘. In dem Moment, in dem man eine Person persönlich kennt, und sei es nur aus einem kurzen Telefonat oder einem Treffen auf einer Veranstaltung, wird diese mich noch viel eher anschreiben oder mir einen Job anvertrauen als zuvor.

Ansonsten halte ich es für wichtig, sich den Kanal zu suchen, der zu einem passt, und keine Angst davor zu haben, sich zu fokussieren. Instagram funktioniert für mich zum Beispiel gar nicht, also habe ich es gelassen. Mein Business ist ‚Wort-Business‘ und nicht ‚Bild-Business‘. Ein Freund von mir ist Designer, bei dem bringt Twitter weniger.

Wir kommen zur Abschlussfrage, die bisher jeder unserer #COMRebels beantwortet hat: Welche beiden Apps sind für dich im Alltag unverzichtbar?

Neben Twitter ist das sicherlich Netflix, weil ich viel unterwegs bin, und Threema, weil ich darüber mit meinem engsten Freundeskreis kommuniziere.

Liebe Maike, in wenigen Wochen steht dir ein beruflicher Neustart bevor und du wirst einen neuen Arbeitgeber mit deiner Expertise und deiner Visibilität im Netz Freude bereiten. Wir wünschen dir viel Glück für die Zukunft und werden dir (nicht nur) auf Twitter & Co. treu bleiben. Danke für dieses Interview!

#COMRebels

Auch die Unternehmenskommunikation ist im Zeitalter des digitalen Wandels nicht mehr das, was sie einmal war: gewohnte Wege der Informationsverbreitung verlieren an Bedeutung, glattgebügelte Corporate News dringen nicht mehr durch, und der ‚Jeder-mit-jedem-Dialog‘ über Soziale Medien und Communities lässt die Kommunikationsteams in den Unternehmen die Hoheit über die Verbreitung der Botschaft verlieren. Auf der anderen Seite ermöglichen Chatbots und Künstliche Intelligenzen ganz neue Zugänge zu den Bedürfnissen von Kunden, Mitarbeitern und Bewerbern, sorgen aber auch für fundamentale technische und kulturelle Veränderungen.

Schöne neue Welt der unbegrenzten Möglichkeiten?

Wie sieht sie denn nun aus, die (digitalisierte) Unternehmenskommunikation der Zukunft? Wie, wo und durch wen wird sich der Austausch von Informationen abspielen? Und wie gestalten wir das Zusammenspiel von Mensch und Maschine?

Wir suchen nach Antworten

... und sprechen mit den #COMRebels, den mutigen, jungen, wilden, digitalen und experimentierfreudigen Vertreter*innen einer Spezies, deren Arbeit eine Schlüsselrolle einnimmt bei der Transformation Ihres Unternehmens zum erfolgreichen Player im digitalen Zeitalter.

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