Parkflächen als Teil der Mobilitätshubs der Zukunft

Bei der Planung und Platzierung von vernetzten Mobilitätsdienstleistungen rücken Parkierungsflächen der Bahnhöfe in den Fokus. Wie kann dieses Potenzial genutzt werden? Bruno Lochbrunner gewährt gemeinsam mit Dr. Michael Seidl einen Blick hinter die Kulissen bei den Schweizerischen Bundesbahnen (SBB).

Die Bahnhöfe von heute transformieren sich nach und nach zu den Mobilitätshubs von morgen. Zwar gab es schon immer Anschlüsse zum Nahverkehr, zu Taxis, zu Fernbussen oder Flughäfen, aber mittlerweile werden die verschiedenen Transport- und Verkehrsangebote viel mehr integriert und verstärkt aus Kundensicht gedacht, geplant und umgesetzt. Und zwar aus Sicht des multimodalen Kunden, der verschiedene Mobilitätsservices und Transportmittel nutzt, um von A nach B zu gelangen: Er reist zum Beispiel die erste Strecke mit dem Fahrrad zum Bahnhof, nimmt den Zug von einer Großstadt zur anderen und verwendet für die restliche Strecke das Taxi.

Nicht ausgeschöpftes Potenzial und Zusatzservices

Bei der Planung und Platzierung von vernetzten Mobilitätsdienstleistungen rücken auch die Parkierungsflächen der Bahnhöfe in den Fokus. Diese Parkplätze – auch „Park and Rail“ (P+Rail) Flächen genannt – dienen heute in erster Linie Personen, die mit ihrem Auto bis zum nächsten Bahnhof fahren und danach den größten Teil ihrer Pendlerstrecke mit dem öffentlichen Verkehr, beispielsweise mit der Bahn, zurücklegen. In diesen – teilweise großen – Flächen an zentralen, attraktiven Standorten direkt beim Bahnhof und vielfach in den Zentren von Gemeinden, liegt noch Potenzial – für Kunden, Service-Anbieter und die SBB.

Neben Basisleistungen wie Reservationsmöglichkeiten, vereinfachtem Bezahlen oder einer Ladeinfrastruktur für Elektroautos, könnten diverse Zusatzservices angeboten werden, während das Fahrzeug auf dem Parkfeld steht: Zum Beispiel Reinigungen, Inspektionen sowie kleinere Reparaturen oder die Lieferung und das Deponieren von Einkäufen direkt ins Auto. Alles Services, die von regionalen oder nationalen Unternehmen in Zusammenarbeit mit der SBB angeboten werden können und das Reisen beziehungsweise Pendeln noch einfacher, persönlicher, vernetzter und effizienter gestalten. Zudem könnte das „Valet Parking“, das Parken des Fahrzeugs durch Profis, in Zukunft helfen, die Kapazitäten der P+Rail-Flächen zu erhöhen und so Autofahrer überzeugen, ihre Pendlerstrecke mit kombinierter Mobilität zurückzulegen, statt nur auf das Auto zu setzen.

Vom Parkplatz-Management zum Mobilitätsflächen-Management

Schlussendlich geht es darum, verschiedene Fahrzeuge und Services auf diesen Flächen anzubieten und Platz für diese zu schaffen – seien es Scooter, Motorräder, Fahrräder, Fahrzeuge mit einem oder mehreren Rädern. Das reine Auto-Parkplatz-Management entwickelt sich so zum integrierten Mobilitätsflächen-Management.

Alle oben genannten Services müssen natürlich nicht nur vor Ort mit der richtigen Infrastruktur funktionieren. Sie sollten auch (digital) einfach von den Kunden gebucht werden können, beziehungsweise die Kunden sollten zum richtigen Zeitpunkt auf aktuelle Informationen und Angebote hingewiesen werden. Deshalb arbeiten wir daran, die SBB «P+Rail App» als digitale Parkierungs-Plattform weiterzuentwickeln, die es in Zukunft ermöglicht, sich über die verschiedenen Services zu informieren und diese auch direkt zu buchen.

Customer Centricity vom Feinsten

Wir bei der SBB stehen bei der Weiterentwicklung des Themas noch am Anfang und wollen die Services sowie die SBB «P+Rail App» der Zukunft von Anfang an zusammen mit den Kunden entwickeln. So wurde die an Smart Mobility interessierte Bevölkerung dazu aufgerufen, ihre Stimme darüber abzugeben, welche Leistungen, Services und Infrastrukturen in der Zukunft von Parkplätzen erwartet werden. In einer öffentlichen Befragung hatten Bahnfreunde wie auch Autoliebhaber die Möglichkeit, ihre Gedanken, Ideen und Einschätzungen zu diesem Thema abzugeben. Ein solch großflächiges Mammutprojekt gehen die SBB nicht alleine an, sondern in Zusammenarbeit mit kreativen Startups und spezialisierten Firmen, darunter Detecon Consulting. Von solchen neuen Parkplatz Services erhofft sich das innovative Bahnunternehmen unter anderem die Förderung des multimodalen Reisens: Wer heute nur Auto fährt, soll in Zukunft angeregt werden, dieses auch einmal stehen zu lassen und auf den öffentlichen Verkehr umzusteigen.

Ob und wie viele Parkplätze es in ferner Zukunft durch die veränderte Mobilitätsnutzung überhaupt noch braucht, bleibt ungewiss. Gemäß der von uns ausgearbeiteten Zukunftsszenarien im Bereich Mobilität und Raumnutzung denken wir, dass es in der Schweiz in den nächsten Jahren weiterhin Parkplätze benötigt und dass die Nachfrage sogar noch steigt. Durch zunehmendes Carsharing (z.B. „Sharoo“ oder „Mobility“), die vermehrte Nutzung von «Ridehailing»-Angeboten (beispielsweise „Uber“) und neue Mobilitätslösungen erwarten wir, dass die Nachfrage langfristig aber tatsächlich abnimmt. Bis dahin werden wir alles unternehmen, um die Kunden von heute zufrieden zu stellen. Aktuell insgesamt 584 P+Rail-Anlagen mit 26.810 Parkplätzen der SBB bieten dabei viel Raum für smarte Ideen ganz im Sinne der Reisenden.

Bruno M. Lochbrunner arbeitet seit 1996 bei der SBB und engagiert sich derzeit als Intrapreneur für die Entwicklung von neuen Mobilitätsdienstleistungen und die Weiterentwicklung der Bahnhöfe zu Mobilitätshubs, im Speziellen mit der Optimierung der Parkierung und der SBB P+Rail App.

Seitens Detecon freuen wir uns sehr, dass wir die SBB als einen unserer Topkunden auch in diesem spannenden Innovationsumfeld unterstützen dürfen. Für die Akzeptanz zukünftiger Mobilitätslösungen und Ökosysteme halten wir es für erfolgsentscheidend, einen guten Mehrwert gerade auch für bestehende Verkehrsträger und breite Bevölkerungsschichten zu schaffen, was die SBB mit ihrem Smart Parking P+Rail Vorhaben eindrucksvoll adressiert und belegt. Neue Verkehrsträger und Nutzungskonzepte werden sich nur dann breit durchsetzen, wenn sie ausreichend auf das Grundbedürfnis der Menschen einzahlen, nämlich einfach und komfortabel von A nach B zu kommen.