„Heute das Morgen verstehen“, das ist die Philosophie von ada. Und ada ist Vieles: eine vielseitige Publishing-Plattform, ein Veranstalter für bemerkenswerte Zukunftskonferenzen und Festivals, aber auch ein modernes 360-Grad-Bildungsprogramm für Unternehmen, die ihre Mitarbeiter*innen zu digitalen Pionieren machen wollen. Im Zentrum des ada|Fellowship steht moderne Wissensvermittlung mit digitalen mobilen Tools, um das Lernen optimal in den Berufs- und Lebensalltag zu integrieren. 450 Talente werden über 12 Monate hinweg mit wertvollen Inhalten, aber auch mit Führungskräften aus Wirtschaft und Politik sowie mit digitalen Vordenkern zusammengebracht. Gemeinsam sollen sie eine innovative Community für das digitale Leben und die Wirtschaft der Zukunft bilden. Gelingt das? Die Detecon-FutureLearning-Expertin Sophie Müller sprach mit Milena Merten und Sebastian Seitz über die ada-Plattform und die Zukunft des Lernens.
Detecon: Wie ist die Idee des ada|Fellowship entstanden?
Milena: Am Anfang wollten wir ein neues Magazin zu Zukunftstechnologien herausbringen, in Kombination mit einem Podcast, einem Newsletter und weiteren Formaten. Die Idee wurde immer größer und irgendwann ist daraus der Wunsch entstanden, um die journalistischen Inhalte herum eine Community zu schaffen, die sich zu den wichtigen Fragen der digitalen Transformation austauscht und voneinander lernt. Wir wollten Weiterbildung und Journalismus miteinander verknüpfen, als neuartiges Geschäftsmodell im Journalismus, aber auch als unternehmensübergreifende innovative Lernplattform.
"Um unsere digitale Zukunft erfolgreich zu gestalten, müssen wir das Lernen neu erfinden" - das ist der Purpose des ada | Fellowship-Programms. Was genau habt ihr neu erfunden?
Sebastian: Die Kombination aus einem journalistischen Ansatz und einem didaktischen Modell. Beim journalistischen Material liegt der Fokus eher auf der Storyline, einer Geschichte, der du folgst. Beim didaktisierten Material, wie z.B. einem Lehrbuch, wird ganz anders vorgegangen. Man beschäftigt sich z.B. nur mit der wissenschaftlichen Ebene, zeigt ein paar Beispiele auf und die Modelle, an denen sie andocken. Das ada|Fellowship kombiniert beides und bietet dazu Materialien in vielen verschiedenen Formaten an: Videos, Podcasts, Texte, interaktive Elemente sowie kuratierte Materialien, die wir extern recherchieren und zur Verfügung stellen. All das bauen wir so zusammen, dass du ein möglichst angenehmes und entdeckerisches Lernerlebnis hast, das Spaß macht. Dabei gibt es keine klare Linearität. Wie im echten Leben kannst du bei Interesse an einem bestimmten Themenfeld auf viele unterschiedliche Materialien zugreifen. Unsere Rolle ist es, dir dabei zu helfen, die Materialien zu finden und dir einen möglichst guten Einblick in ein Thema zu geben.
Ein Fellowship dauert 12 Monate. Wie gelingt es euch, die Teilnehmer über einen so langen Zeitraum zu begeistern?
Milena: Wir starten mit einem inspirierenden Kickoff-Event. Letztes Jahr kamen dazu 450 Fellows in der Zeche Zollverein in Essen zusammen, ein Riesen-Event mit internationalen Speakern und interaktiven Übungen. Das war ein cooler Auftakt, bei dem sich alle schon mal kennengelernt haben. Alle paar Monate veranstalten wir Live-Events, bei denen alle Fellows zusammenkommen. Zu Beginn eines Monats gibt es neuen Content in der Lernplattform, auf den wir im Newsletter hinweisen. Darüber hinaus haben wir eine Linkedin-Gruppe, in der die Fellows sich austauschen können zu Themen, die sie beschäftigen. Dadurch und durch die praktischen Innovationsprojekte entsteht ein Programm, das die Fellows immer wieder zum Nachdenken anregt und miteinander in Kontakt bringt.
Wie stellt ihr sicher, dass die Teilnehmer*innen den Transfer der Lerninhalte in ihr Unternehmen leisten?
Milena: Wir stellen immer zwei bis drei Materialien pro Modul zur Verfügung, die für kleine Mikro-Fortbildungen in den Unternehmen geeignet sind. Die Idee ist, dass die Fellows bei sich im Unternehmen s.g. Burn-to-Learn-Sessions machen und z.B. einen Tag im Monat haben, an dem sie teilen, was sie bei ada gelernt haben, angewandt auf ihre Organisation. Das erfordert natürlich viel Eigeninitiative.
Sebastian: Pro Modul gibt es drei Lernziele auf drei Ebenen: Wir nennen das be – know – do, also Herz, Hirn und Hand. Es gibt ein schönes Modell des 21th Century Learner, welches besagt, welche Kenntnisse du haben musst (know), aber auch bestimmte Charaktereigenschaften (be), an denen du arbeiten sollest. Das können z.B. Leadership-Themen sein oder Achtsamkeit. Und dann gibt es noch den do-Bereich, das sind deine Fähigkeiten. Also auf welche Art und Weise du anwendest, was du einmal gelernt hast.
Im Bereich Knowledge könnte das Lernziel z.B. sein, dass du auf Konzeptebene erkannt hast, dass beim maschinellen Lernen die eingegebenen Daten und das gewünschte Ergebnis definiert werden und die Maschine den Lösungsweg sucht. Im Gegensatz zur klassischen Programmierung: Dort bestimme ich die eingegebenen Daten und den Lösungsweg. Die Maschine nennt mit dann die Lösung. Auf der be-Ebene könnte das die Fähigkeit und Eigenschaft sein in deiner Organisation für das Thema Diversität als innovationsfordernden Faktor einzustehen. Oder bei Kolleg*innen Ängste vor Coding abzubauen und Glaubenssätze wie „ich versteh das alles nicht, ist viel zu kompliziert für mich“ herauszufordern.
Zusätzlich zu den Modulen mit ihren spezifischen Lernzielen gibt es noch ein Innovationsprojekt, bei dem in den Gruppen eine gemeinsame Herausforderung definiert und bearbeitet wird. Wir begleiten die Gruppen über sechs Monate gemeinsam mit Design Thinking Coaches bei der Entwicklung eines Prototypen, um ein reales Problem in der eigenen Organisation zu lösen.
Im Self-Assessment setzt du dir selbst alleine oder gemeinsam im Team Entwicklungsziele, welche du dokumentierst und regelmäßig reflektierst.
Du hast also den Online-Teil, den projektbasierten Teil sowie das Self-Assessment. Und dann gibt es noch den sogenannten Live-Teil. Dabei handelt es sich um die großen Konferenzen und die Networking-Veranstaltungen. Das sind die Stränge, die ineinandergreifen.
Wie werden das ada-Programm und die Teilnehmer*innen in den Unternehmen wahrgenommen? Als nicht ganz ernstzunehmende Pioniertruppe? Oder als frischer Wind, der neue Impulse ins Unternehmens bringt?
Sebastian: Generell ist es natürlich so, dass ein Unternehmen in dem Moment, in dem es bereit ist, eine gewisse Zahl von Leuten in so ein Programm zu schicken, sich dafür öffnet. Es sind in der Regel Organisationen, die etwas verändern wollen und den Teilnehmer*innen auch die Möglichkeit geben, daran mitzuwirken. Wir haben in diesem Jahr Organisationen dabei, die Prototypen entwickelt haben und bereits mit ihren Entwicklungsabteilungen zu deren Implementierung im Gespräch sind.
Die Unternehmen wissen, dass wir kein Informatikstudium ersetzen, wenn wir z.B. ein Modul zum Thema KI und Algorithmen anbieten. Aber das wollen wir auch gar nicht. Wir wollen - Milena hat es schon angesprochen - die Veränderung im Mindset, der Haltung: Wenn ich mich für ein Thema öffne, führt das in einem späteren Moment dazu, dass ich anders handle, anders entscheide und so einen großen Unterschied mache. Wir bekommen häufig das Feedback, dass ada-Fellows offen dafür sind, Veränderungen herbeizuführen. Uns interessiert, was Menschen benötigen, um besser zu handeln. Und wenn genug Menschen besser handeln, dann entsteht Impact.
Wie erfolgt in euren Partnerunternehmen der Auswahlprozess der Teilnehmer*innen? Arbeitet ihr da mit den HR-Abteilungen zusammen?
Sebastian: Ja. Wir geben unseren Partnern zu Beginn Hinweise für einen guten Auswahlprozess. Meistens ist es eine Mischform zwischen Mitarbeiter*innen, die ausgewählt werden, und denen, die sich bewerben können. Die Tendenz geht zu letzterem, da diese Personen oft eine höhere Eigenmotivation mitbringen. Es gibt regelmäßige Partner-Calls und Meetings, bei denen wir die Partner zu uns einladen. Dort schaffen wir Transparenz zu den Angeboten und gehen auf Kritik und Wünsche der Partner ein.
Werden Programme wie das ada|Fellowship künftig die bisherigen klassischen Lernprogramme in Unternehmen ersetzen?
Sebastian: Es kommt immer drauf an, wie die Personalentwicklung aufgestellt ist. Viele Organisationen setzen auf das klassische Kurssystem, welches teilweise durch seine Vorgaben begrenzt. Da es aber unzählige Möglichkeiten, Szenarien und Formate gibt, in denen man lernen kann, versuchen wir gemeinsam mit unseren Partnern einen Rahmen zu schaffen, in dem die Teilnehmer*innen Wissen austauschen und sich gegenseitig aktivieren.
Ihr habt euch nach Ada Lovelace benannt, der ersten Programmiererin Mitte des 19. Jahrhunderts. Warum habt ihr diese Namenspatin gewählt? Sprecht ihr eine besondere Zielgruppe an? Habt ihr Unterschiede bemerkt, lernen z.B. Frauen anders als Männer?
Milena: Ada Lovelace war nicht die erste weibliche, sondern die erste Programmiererin überhaupt in der Geschichte, die damals ein Programm für die von Charles Babbage entwickelte Analytical Engine geschrieben hat. Sie hat vorausgesehen, dass man mit einer solchen Maschine – einem Computer – nicht nur rechnen, sondern später einmal alles Mögliche wird machen können, von der Musikkomposition bis zum Erstellen von Texten. Als wir nach einem Namen für unser ‚Baby‘ gesucht haben, gab es bereits zwei Jahre das Ada Lovelace Festival, das wir immer im Herbst zum Namenstag von Ada Lovelace gemacht haben. Da lag es nahe, auch das Fellowship nach Ada Lovelace zu benennen. Sie war mutig und dachte nach vorne. Mit diesem Spirit wollen auch wir dazu ermutigen, nicht in bestehenden Grenzen zu denken, sondern darüber hinaus. Ob wir wegen einer weiblichen Namensgeberin gezielt Frauen ansprechen? Das glauben wir nicht. Wir haben einen hohen Frauenanteil im Team und es ist uns wichtig, dass in der Digitalbranche mehr Frauen und diverse Stimmen stärker zu Wort kommen. Deshalb ist es toll, dass unsere Namensgeberin eine Frau ist. Wir adressieren aber nicht nur Frauen, das wäre wiederum auch nicht divers. Es geht uns um die Vielfalt der Perspektiven, der Hintergründe, der Geschlechter und Identitäten.
Als das Magazin herauskam und ada hieß, wurde es von vielen als Frauen-Tech-Magazin aufgefasst. Es gab direkt das Bedürfnis zu labeln und davon wollen wir unbedingt wegkommen. Wir achten sehr darauf, im Fellowship verschiedene Stimmen zu Wort kommen zu lassen. Und auch in der Darstellung sind wir möglichst klischeefrei und versuchen, die typischen Stock-Fotos zu vermeiden.
Sebastian: Zu der Frage, ob Frauen anders lernen als Männer: Ich würde das gar nicht an Frauen und Männern festmachen, sondern daran, dass ich den gleichen Inhalt 20 Menschen vorsetzen und dabei sicher sein kann, dass diese 20 Personen jeweils etwas anderes daraus machen. Vielleicht finden sich da Unterschiede zwischen Männern und Frauen. Generell versuchen wir, eine Umgebung zu schaffen, in der es die Möglichkeit gibt, sich mit den Inhalten vertieft zu beschäftigen, bei denen die Teilnehmenden erkennen, dass sie ihnen helfen. Es gibt kein unterschiedliches Angebot für Frauen oder Männer, Ältere oder Jüngere. Alle kriegen erst einmal den gleichen Content. Aber es ist wichtig, Menschen einen sehr individuellen Lernpfad zu ermöglichen, den wir nicht vorgeben und nicht nach Geschlecht unterteilen.
Denken wir mal zehn Jahre nach vorne: Wie werden wir lernen? Brauchen wir dann Programm wie ada noch?
Milena: Ich hoffe, dass Lernen dann nicht mehr bedeutet, dass Menschen frontal in einem Raum unterrichtet werden, bei kaltem Neonlicht und schlechtem Kaffee. Ich stelle mir vor, dass man viel mehr interagiert und interdisziplinär zusammenarbeitet. Es ist total spannend, wenn z.B. Leute von der Bundesregierung und von Lanxess mit ihren verschiedenen Kulturen zusammenkommen. Das sollte in zehn Jahren der Standard sein.
Sebastian: Mein Traum ist, dass es in zehn Jahren keine klassischen Fächer mehr gibt, die im Prinzip nur eine Ableitung der wissenschaftlichen Disziplinen sind. Ich wünsche mir, dass wir dann viel stärker projektbasiert und interdisziplinär lernen und arbeiten, reale und nicht fiktive Probleme lösen und die Möglichkeit haben, uns individuell zu entwickeln. Jeder soll dabei die Verantwortung übernehmen für das, was er oder sie tut
Milena: Das finnische Schulsystem für alle!
Zum guten Schluss: Wie würdet ihr ada in drei Hashtags beschreiben?
Sebastian: Wir würden sagen #mutig, #optimistisch #offen.
Herzlichen Dank für dieses Gespräch und eure ehrlichen Antworten. Wir wünschen euch für die Zukunft weiterhin viel Erfolg.
Kontakt: https://join-ada.com/