Federico Homberg: Telco als Plattform & Co-opetition

In den nächsten Jahren wird es viele Veränderungen auf hart umkämpften Märkten geben. Wenn zukünftige Regulierungen nicht zu große Auswirkungen auf NB-IoT, LTE-M oder Campus-Netzwerke haben, entfachen diese Märkte großes Potenzial. Detecon-Senior-Berater Alexandru Banu interviewte Frederico Homberg, Deutsche Telekom zu seiner Sichtweise auf das neue Telco-Spiel.

Wie schätzen Sie die Gesamtentwicklung des Wholesale-Marktes in den kommenden Jahren ein?

Frederico Homberg: Der Großhandel wird immer wichtiger! Es gibt drei Hauptgründe, die diese Aussage untermauern. Aufgrund ihrer, im Vergleich zu OTTs, relativ kleinen Präsenz können Telcos nicht darauf hoffen, die Größenordnung dieser Anbieter auf der Anwendungs-/Service-Ebene zu erreichen, z. B. durch den Kauf oder sogar die Produktion eigener TV-Inhalte. Der Schlüssel für ihren zukünftigen Erfolg liegt in der Zusammenarbeit mit anderen Wholesale-Carriern und OTTS in ausgewählten Bereichen, die es ihnen ermöglichen, eine globale Präsenz zu erreichen und, was noch wichtiger ist, den Kund*innen End-to-End-Produkte anzubieten. Das Schlüsselwort für Carrier lautet hier "Co-opetition".

Wie werden Ihrer Meinung nach die zukünftigen Wholesale-Partnerschaften angesichts wichtiger Themen wie dem 5G-Netzausbau gestaltet?

5G ist nur ein Element. Andere Entwicklungen, wie die Virtualisierung von Netzelementen und die Softwarisierung, öffnen die Türen zu Kommunikationsprodukten mit hochflexibler Programmierung, die über Microservices und APIs an Kunden geliefert werden können. Das ermöglicht Carriern, eigene Konnektivität und Dienste anzubieten, aber auch Konnektivität sowie Konnektivität und Dienste von Partnern unter einem Dach zu bündeln, so dass sie als als Plattform agieren können - so wie Amazon eine Plattform für seine eigenen Produkte und Partnerprodukte ist. Carrier werden zu Netzwerken von Netzwerken. 

2030 ist weit weg. Wenn Sie jedoch darum gebeten werden, die wichtigsten Treiber aus dem Content-Markt zu nennen, die Ihrer Meinung nach in neun Jahren einen Einfluss auf die Branche haben könnten, wie würde Ihre Antwort lauten?

Eine Richtung, in die sich Carrier bereits bewegen, ist der Wechsel von dedizierten zu softwaregesteuerten Carrier-Lösungen. Silo-Sprach-, Daten- und Messaging-Dienste, die bisher in unterschiedlichen Netzwerk-Stacks produziert wurden, werden immer häufiger durch IP-basierte Dienste ersetzt, die in der Lage sind, alle Arten von Diensten zu produzieren. So werden z. B. bisher zentrale Firewalls durch kontextabhängige Anwendungssicherheit (Zero Trust Network, Secure Access Service Edge) ersetzt. Während "mobile" heute im Wesentlichen "best effort" ist, werden wir in Zukunft kontextbewusste QoS haben, die durch dedizierte Netzwerk-Slices ermöglicht wird. Dieses Kontextbewusstsein wird ein völlig neues Verkaufsargument für Carrier hervorbringen: vom Verkauf der Bandbreite zum Verkauf der Kundenerfahrung, bei der jedes Gerät mit genau der Konnektivität bedient wird, die es benötigt. Dynamisch und kontextbewusst, von dumm und passiv zu intelligent und aktiv.

Vielen Dank für das Interview!

Federico Homberg ist Leiter des Bereichs Business Development & Innovation bei der Deutschen Telekom Global Carrier. In dieser Rolle ist er für die Entwicklung und Realisierung von Wachstumschancen im internationalen Wholesale-Geschäft verantwortlich. Darüber hinaus bewertet er das Potenzial neuer Technologien rund um 5G SA, die Virtualisierung von Netzfunktionen, Software-definierte Netze, XaaS oder die Bereitstellung neuer Wholesale-Produkte über APIs. Bevor er zu International Mobile Wholesale kam, arbeitete Federico in verschiedenen Positionen bei der Deutschen Telekom, darunter International Mobile Wholesale, Group Business Development und Group Strategy. Bevor er zur Deutschen Telekom kam, arbeitete Federico als Unternehmensberater. Federico hat einen MBA der Universität Mannheim.

Das Interview führte