Digitalisierung in der Logistik

Die Logistik wird durch disruptive Marktveränderungen mit hohem Innovationsdruck, demografischen Wandel und nicht zuletzt durch die Corona-Pandemie herausgefordert. Die Lösung, diesem Druck zu begegnen: digitale Transformation. Aber wo anfangen? Welche Projekte drängen am meisten? Eine Capability Map hilft, wichtige Baustellen zu identifizieren und zu priorisieren.

Drei Millionen Arbeitsplätze. Rund 270 Milliarden Euro Umsatz. Die Logistik ist nicht nur ein erfolgskritischer Faktor der Realwirtschaft, sondern auch ein bedeutender Wirtschaftszweig in Deutschland. Doch disruptive Marktveränderungen setzen die Logistikbranche unter hohen Innovationsdruck. Und dann auch noch die Corona-Pandemie. Ein wichtiges Instrument der scheinbar unlösbaren Aufgaben ist die Digitalisierung.

Prozesse verbessern, Kosten sparen

Die Digitalisierungsliste ist jedoch lang und zieht sich quer durch alle Bereiche der Logistikunternehmen: vom Kunden-, Fracht- und Asset-Management über die Transportplanung und Transport bis hin zu selbstfahrenden Fahrzeugen und Transportsystemen, Drohnen oder branchenübergreifenden IT-Themen wie Künstliche Intelligenz, IoT oder Cloud Computing. Überall scheinen sich Chancen aufzutun, mit digitalen Lösungen Prozesse zu verbessern, Kosten zu sparen oder neue Kunden zu begeistern. IT wird für die Logistik noch mehr zum wichtigen Faktor für die Wettbewerbsdifferenzierung als sie es heute bereits ist. Denn sie ist nicht nur Wegbereiter für neue, kundenorientierte Lösungen, sondern zugleich das Instrument für deren effiziente, transparente und zuverlässige Umsetzung.

So sehen laut einer repräsentativen Umfrage von Bitkom Research 79 Prozent der Logistikunternehmen die Digitalisierung in der Logistik als größte Herausforderung und zugleich als große Chance: sei es beispielsweise für die Routenplanung mit Künstlicher Intelligenz, Warentransport mit autonom fahrenden Lkw und Drohnen oder Blockchain für eine transparente Lieferkette. Jedoch setzt nur eine Minderheit der rund 500 von Bitkom Research im Frühjahr 2019 befragten Logistiker solche Technologien ein. Obwohl sich die meisten Unternehmen der Branche von der Digitalisierung eine Beschleunigung des Transports (92%), langfristig sinkende Logistikkosten (85%) und weniger anfällige Transportketten (79%) versprechen.

Transparenz, Lieferfähigkeit und Liefertreue

Wesentliche Markttreiber der Digitalisierung sind gestiegene Anforderungen hinsichtlich Transparenz, Lieferfähigkeit und Liefertreue sowie der Wunsch nach individualisierten Produkten oder Leistungen, bestätigt das Fraunhofer IML. Im Kern betrifft dies die zeitnahe Bereitstellung von Informationen zur Verfolgung von Waren und Gütern oder die Integration digitaler Services in internationale Netzwerke.

Angesichts dieser gewaltigen Aufgabe laufen die Logistiker Gefahr, den Wald nicht mehr vor lauter Bäumen zu sehen. Die Vielzahl der marktreifen IT-Technologien ist schier erdrückend. Ob Kunden-Managementsysteme und -Interfaces, Shipment Data Monitoring, digitale Frachtdokumente, Vehicle Management und Predictive Maintenance: Die Zahl der einsetzbaren digitalen Systeme für unterschiedliche Prozesse geht inzwischen auf die 100 zu.

Womit sollen sie anfangen? Mit welchen digitalen Lösungen erreichen sie bei überschaubarem Invest in möglichst kurzer Zeit den größten Nutzen? Diese Frage lässt sich nicht pauschal und auf Knopfdruck für eine ganze Branche beantworten, da die Voraussetzungen und Geschäftsmodelle der Logistik-Unternehmen differieren und der digitale Status quo über die nächsten Schritte entscheidet. Bei der Fülle der Einzelthemen können falsche Entscheidungen und Investitionen in der Anfangsphase jedoch teuer und schmerzhaft nachwirken. So fürchtet eine Mehrheit der Logistiker die hohen Investitionskosten, obwohl sie sich Vorteile davon versprechen.

Capability Map bietet Strukturierungsansatz für Geschäftsmodelle

Gerade im Zusammenhang mit grundlegenden Veränderungen von Geschäftsabläufen und Geschäftsmodellen und aufgrund der Vielfalt und Komplexität digitaler Lösungen macht sich daher die Entwicklung einer Übersichtskarte über die benötigen (digitalen) Fähigkeiten – eine sogenannte Capability Map – bezahlt. Mit dieser Landkarte möglicher Digitalfähigkeiten für alle wichtigen Funktionsbereiche von Logistik-Unternehmen lassen sich bestehende und noch nicht vorhandene Fähigkeiten erfassen, strukturieren, bewerten und schließlich gestalten.

Eine solche Capability Map stellt die Geschäftsfunktionen eines Unternehmens unabhängig von der Organisationsstruktur, den Prozessen oder Personen dar. Außerdem deckt sie mögliche Redundanzen von Projekten auf. So zeigt sich in manchen Unternehmen, dass angetrieben durch verschiedene Fachbereiche, identische Projekte und Anwendungen aufgesetzt werden. Anhand der Digitalisierungslandkarte identifizieren Unternehmen die für den Geschäftserfolg entscheidenden Funktionalitäten und können sich dann nach dem Prinzip „Die Guten ins Töpfchen, die Schlechten ins Kröpfchen“ auf die wichtigsten fokussieren.

Die Capability Map dient als Strukturierungs- und Analyseansatz für die digitale Transformation. Sie wird in einigen Branchen erfolgreich eingesetzt. In der Logistik jedoch wird sie bisher nicht genutzt, obwohl sie Business-Prozesse beleuchtet und Defizite transparent macht, die Unternehmen gezielt optimieren sollten. Ein weiteres Ziel: Synergien heben, Dopplungen erkennen.

Identifizierung der richtigen Digitalisierungs-Tools

Auf diese Weise lässt sich schnell erkennen, welche digitalen Lösungen für die Umsetzung eines Geschäftsmodells besonders relevant sind: zum Beispiel für einen eForwarder, den Aufbau eines digitalen Marktplatzes oder On-Demand Warehouse Providers. Wer beispielsweise in der On-Demand-Lagerhaltung und Fulfillment seine Geschäftschance wahrnehmen will, übernimmt quasi die Rolle eines Zwischenhändlers – eine Art Airbnb für die Logistik. Das Konzept ermöglicht es, Unternehmen mit überschüssiger Lagerkapazität, ihren Platz auszufüllen. Und es bietet gleichzeitig Händlern mit vorübergehendem oder saisonalem Lagerbedarf die Möglichkeit, Lagerplatz zu finden, ohne einen langfristigen Vertrag abzuschließen. Händler suchen dafür auf der Plattform eines Anbieters nach verfügbaren Lagerflächen an dem von ihnen gewünschten Standort.

Mithilfe der Capability Map für die Digitalisierung der Logistik lässt sich schnell definieren, welche digitalen Lösungen für das Geschäft eines On-Demand Warehouse Provider unabdingbar sind und auf welche Fähigkeiten und Anwendungen er verzichten kann. Für die Kernprozesse sind Tools für ein Warehousing sowie autonome Intralogistik und Commissioning Planning unbedingt wichtig. Dagegen spielen Cargo Handling oder Contract Services eine geringere Rolle. Für Spediteure wiederum sind im Rahmen der Transportplanung Tools für Scheduling, Routing oder Forecasting entscheidend. Und bei den Lösungen für das Warenmanagement sind digitale Frachtdokumente und Shipment Data Monitoring sehr relevant. Dagegen dürften Roboter, Drohnen oder IoT für das Geschäftsmodell eines Spediteurs nur eine untergeordnete Rolle spielen.

Erst der Kunde, dann die Technologie

Und welche digitalen Technologien bewerten die Logistiker zukünftig selbst als relevant für die Branche? Hier steht künstliche Intelligenz (KI) bei 71 Prozent ganz oben. Und fast 60 Prozent rechnen damit, dass autonom fahrende Lieferwagen Waren zwischen Unternehmen transportieren werden und immerhin 42 Prozent gehen vom Drohneneinsatz für die Warenauslieferung beim Endkunden aus. Doch die digitale Transformation nur aus Sicht der technologischen Möglichkeiten anzugehen, könnte in die falsche Richtung gehen.

Wir empfehlen, die Betrachtungsrichtung zu ändern:

  1. Konsequent bei den Kundenanforderungen anfangen
  2. Darauf basierend das passende Geschäftsmodell entwickeln
  3. Dann prüfen, welche Fähigkeiten das eigene Unternehmen braucht, um dieses Geschäftsmodell zu bedienen
  4. Diese Fähigkeiten aufbauen
  5. Erst dann die passende Technologie auswählen

 Auf diesem Weg begleitet Detecon Logistikunternehmen sehr gern!