Detecon-Studie: Kein Zurück ins ‚Alte Normal’!

Die Corona-Krise hat nicht nur in kürzester Zeit unseren Arbeitsalltag auf den Kopf gestellt, sie hat auch unser Mindset verändert. Sie ist das, was man neudeutsch disruptiv nennt. Und Disruption ist dann, wenn das Alte nicht mehr funktioniert. „50% der Teilnehmer einer Umfrage wollen nicht zurück in die Prä-Corona-Zeit“, referierte Zukunftsforscher Matthias Horx jüngst anlässlich einer Mitarbeiterveranstaltung der Deutschen Telekom. Kein Wunder, so Horx, seien Krisen doch häufig Enabler für neues Denken und Handeln. Aber wohin geht denn nun die Reise? Wie wird es aussehen, das neue Normal? Was bleibt, was geht?

Wir haben in den Wochen der Krise intensiv mit unseren Kunden und Partnern gesprochen. Wir haben nachgefragt, zugehört und uns mit Vertretern unterschiedlichster Unternehmen über ihre Herausforderungen, ihren Umgang mit der Krise und ihre Learnings ausgetauscht. Diese haben wir in einer kompakten Studie zusammengefasst, die über diesen Link zu beziehen ist.

So viel vorab: Die Frage, ob wir weiterhin von zuhause aus arbeiten oder in unsere Büros zurückkehren, greift definitiv zu kurz. Die Transformation der Arbeitswelt wird eine gründliche sein und bis tief in die Kultur vieler Unternehmen vordringen. Neben dem ‚Wo arbeiten wir?‘ steht die Frage des ‚Wie arbeiten wir?‘ und vor allem des ‚Wie arbeiten wir zusammen?‘ im Fokus.

Aus den Gesprächen mit Entscheidern aus Unternehmen wie z.B. Debeka, innogy, Zeiss oder T-Systems haben wir schließlich sieben Handlungsfelder für New Work herausgearbeitet, in denen Unternehmen jetzt aktiv werden sollten.

  1. Flexibilität: COVID-19 hat uns zu mehr Flexibilität gezwungen und den Proof of Concept geliefert, dass Mitarbeiter auch zuhause arbeiten können (und wollen). Wir haben erfahren, dass Produktivität nicht an Präsenz geknüpft, sondern an jedem Ort möglich ist. Laut einer aktuellen Umfrage des Fraunhofer Institut gaben 40 Prozent der Befragten an, im Home Office produktiver zu sein. Es kommt auf den richtigen Mix an: Nach dem Wechsel von einem Extrem (Präsenz) in das Andere (Home Office) wird künftig ein hybrides Arbeitsmodell benötigt, das beide Extreme vereint.
  2. Individualität: New Work kann nicht nur einen Beitrag zu Produktivität und wirtschaftlichem Erfolg leisten, sondern auch zu einer höheren Mitarbeiterzufriedenheit führen. Die Personalpolitik eines Unternehmens sollte künftig versuchen, den Mitarbeiter*innen die Arbeitsumgebung zu ermöglichen, die zu ihrer individuellen Lebenssituation und Arbeitsweise passt. Wenn wir Kompetenz, Selbstbestimmung und Einflussnahme erfahren, kann dies langfristig unser persönlich erlebtes Stresslevel senken und unsere psychische Gesundheit verbessern. Die Digitalisierung macht’s möglich, in der Krise waren wir gezwungen, es zu tun – und siehe da, es war gar nicht so schwer.
  3. Struktur und Organisation: Mit mehr Flexibilität auch im Hinblick auf die Arbeitszeit, geht es nicht mehr um die Balance zwischen Leben und Arbeit, sondern um die Integration von Leben und Arbeit. Auch wenn die Situation bzgl. Kinderbetreuung in der Krise eine absolute Ausnahmesituation darstellte, so wirkt sie doch wie ein Brennglas. Die Frage, wie sich private Sorgearbeit und Kinderbetreuung mit Arbeit vereinbaren lassen, wird auch nach COVID-19 bestehen, weshalb jetzt die richtigen Weichen gestellt werden müssen.
  4. Zusammenarbeit: Auch die virtuelle Zusammenarbeit erlebte durch die Krise einen deutlichen Aufschwung: Meetings, Check-In Calls, Coffee Dates und vieles mehr wurden in die virtuelle Welt übertragen. Was jedoch weiterhin fehlt, und wo auch Socializing-Formate und Apps keine Abhilfe schaffen können, ist der spontane Austausch an der Kaffeemaschine. Solche informellen Meetings sind nicht nur der Mitarbeiterbindung dienlich, sondern gelten auch als Innovationstreiber für das gesamte Unternehmen. Hier müssen künftig Räume und Gelegenheiten für geplante oder zufällige Begegnungen geschaffen werden – digital und analog.
  5. Agilität: Ein agiles Mindset und agile Arbeitsmethoden haben sich gerade durch ihre hohe Kompatibilität mit virtueller Arbeit in der Krise bewährt. Aufbauend auf diesen Erfahrungen gilt es, Maßnahmen, die Agilität fördern, weiter auszurollen, um für die Zukunft gerüstet zu sein.
  6. Führung: Eine neue Arbeitskultur bedeutet auch die Entwicklung eines neuen Führungsverständnisses. Nicht jeder gute Leader in klassischen Präsenzstrukturen ist automatisch eine gute Führungskraft in der virtuellen Zusammenarbeit. Gerade neu entstehende hybride Modelle bedürfen neuer Führung hinsichtlich Themen wie Motivation, Feedback- und Fehlerkultur sowie in Prozessstrukturen. Eine Entwicklung hin zum Coach der Mitarbeiter*innen muss stattfinden, ein Shift von Kontrolle zu Vertrauen.
  7. Lernen: Die digitalisierte Welt bringt in immer kürzeren Abständen neue Methoden und Tools hervor, die unserer hoch flexiblen Arbeitsweise gerecht werden. Dadurch entsteht die Notwendigkeit, immer wieder auf‘s Neue zu lernen. Das regelmäßige Erwerben neuer Skills muss rechtzeitig und bedarfsorientiert erfolgen, Fortbildungen müssen idealerweise zu jeder Zeit und an jedem Ort möglich sein. Dazu sind neue Formen des Lernens erforderlich, lebenslanges Lernen wird zum integralen Bestandteil der Arbeit.

Bereits heute wissen wir: COVID-19 hat Prozesse beschleunigt, die sich bereits zuvor in der Arbeitswelt abgezeichnet haben. In zahlreichen New-Work-Projekten haben wir unsere Kunden begleitet auf dem Weg zu ihrem individuellen New-Work-Konzept in den Dimensionen People, Places, Tools und Regulations.

Um auf Matthias Horx zurückzukommen, den 9-to-5-Officealltag wird es in der Post-Corona-Zeit nicht mehr geben. Horx geht noch weiter: Dieser Mind-Shift war für ihn überfällig. Viel zu sehr sei unser Mindset noch in der Ära der industriellen Gesellschaft verankert gewesen und nicht in der Wissen- und Datenökonomie angekommen. „Mit altem Denken kann man das Neue nicht begreifen“, so Horx.

Jetzt müssen die Weichen für New Work im New Normal der Post-Corona-Zeit gestellt werden - eine Arbeitskultur, die auf Flexibilität und Individualität basiert. Das erfordert an vielen Stellen Mut und das Loslassen von Bewährtem. Entscheidend wird sein, die perfekte Synthese zu finden zwischen Alt und Neu, aber auch zwischen Digitalem und Analogem.

 

Vielen Dank an die Mitarbeit an diesem Artikel an Ingrid Blessing.