Datenbasierte Entscheidungen machen den Unterschied

Der Austausch von Daten über Systemgrenzen hinweg ist die Basis für durchgängige Prozesse (End-to-End) und somit eine wichtige Voraussetzung für die Digitalisierung von Prozessen. Dies gilt auch auf der Entscheidungsebene, wie Detecon-Partner Björn Menden im Interview erläutert. Er hat an der Studie "Digital Efficiency - Digitale Technologien als Instrument für Effizienzsteigerungen und Kostensenkungen" mitgewirkt, die Detecon gemeinsam mit Lünendonk und T-Systems veröffentlicht hat.

Mit dem Ansatz „Digital Efficiency“ betrachten Sie das Thema Digitalisierung aus der Effizienzsicht. Automatisierungswellen gab es allerdings auch schon in der Vergangenheit. Was ist an diesem Ansatz anders und weshalb gewinnt er gerade in der aktuellen Situation an Dringlichkeit?

Die Digitalisierung bietet eine Fülle an neuen Möglichkeiten. Bislang ging Automatisierung mit Standardisierung einher. Diesem Ansatz sind mit zunehmender Komplexität der Prozesse Grenzen gesetzt. Digitalisierung bringt Intelligenz ins Spiel. Process Mining beispielsweise bildet eine gute Basis, um tatsächlich datenbasierte Entscheidungen zu treffen. Dies erlaubt eine neue Qualität in der Steuerung von Prozessen und ganzen Organisationen. Daten schaffen Transparenz und stehen mittels des Einsatzes moderner Technologien in Realtime zur Verfügung.

Die Algorithmen von Artificial Intelligence bieten darüber hinaus neue Möglichkeiten für die Verarbeitung dieser Daten. Dieser Gewinn an Flexibilität und Geschwindigkeit wirkt sich direkt auf das Entscheidungsverhalten aus – und hier liegt der große Unterschied zu früheren Automatisierungsbestrebungen. Ich bin deshalb davon überzeugt, dass datenbasierte Entscheidungen im Rahmen eines Digital-Efficiency-Ansatzes neben der Effizienz auch die Resilienz von Unternehmen stärken.

Der Detecon Digital Efficiency Index zeigt Unterschiede in der Digitalisierung und der Effizienz in den verschiedenen Branchen. Wie beurteilen Sie das vorliegende Studienergebnis im Vergleich zu den Ergebnissen des Index?

Die Studienergebnisse untermauern unsere Experteneinschätzung zum digitalen Reifegrad der unterschiedlichen Branchen. Das bestätigen die spezifischen Branchenunterschiede, aber auch die Heterogenität der Ausprägungen in den verschiedenen Dimensionen. Insofern bieten die Ergebnisse übereinander gelegt einen guten Blick darauf, in welchen Branchen der Fokus bereits auf der konsequenten Digitalisierung von Wertschöpfungsketten liegt.

Ein Beispiel sind Finanzdienstleister, und hier insbesondere die Banken, die zunehmend ihre Altsysteme und ‑prozesse verabschieden und sich digitalisiert neu aufstellen – und das nicht nur an der uns allen bekannten Privatkundenschnittstelle. Technologisch ist man hier schon weit, strategisch aber oft noch auf der Suche nach Antworten auf die Innovationsgeschwindigkeit der Fintechs. Die Telekommunikationsbranche dagegen hat sich aufgrund des Digitalisierungsdrucks bereits stark verändert, auch wenn das Thema Legacy-Technologien noch präsent ist. Die Ergebnisse aus dieser Studie fließen, übrigens ebenso wie weitere Quellen, regelmäßig in den Detecon Index ein, um die empirische Basis weiter auszubauen.

Das Herz der Digitalisierung ist die Generierung und Nutzung von Daten. Wie führen Sie Unternehmen an eine datengetriebene Organisation heran? Gibt es Tools, die Unternehmen auf diesem Weg gut unterstützen?

Der Weg zur datengetriebenen Organisation ist durchaus kompliziert und nicht per Knopfdruck zu implementieren. Startpunkt ist immer die aktuelle Situation des Kunden hinsichtlich seiner Tool-Landschaft und damit der Möglichkeiten, Daten zu generieren und auszuwerten – aber auch hinsichtlich analytischer Fähigkeiten und der vorherrschenden Kultur im Unternehmen. Insofern gibt es keinen Blueprint. Und auch das beste Tool kann nie die Lösung sein, sondern ist immer nur ein Teil des „Puzzles Digitalisierung“.

Um konsequent datenbasiert Entscheidungen treffen zu können, braucht man neben der Transparenz der Prozessdaten auch vollständige Organisationdaten bis hin zu Informationen über kulturelle Aspekte. Diese Daten gilt es zusammenzuführen und zu verknüpfen. Und dann muss eine Entscheidung darüber getroffen werden, was mit den Daten erreicht werden soll und wie man dorthin kommt. Hier ist das Mindset ganz entscheidend, aber auch die im Unternehmen vorhandenen Kompetenzen.

Die Relevanz für die Nutzung digitaler Technologien wird vielfach gesehen, deren Anwendung gestaltet sich aber schwierig. Wie bringt man die Unternehmen in die Umsetzung?

Wie wir gerade sehen, ist die Corona-Pandemie ein so nie dagewesener Treiber der Digitalisierung! Viele Unternehmen reagieren jetzt, damit sie wettbewerbsfähig bleiben. Wir sehen aber auch, dass Unternehmen, die bereits proaktiv die Digitalisierung nutzen – zum Beispiel für eine bessere Kundeninteraktion – jetzt davon in besonderer Weise profitieren. Als Berater kann ich ein besseres Verständnis für die Digitalisierung schaffen, die Vorgehensweise strukturieren und bei der Auswahl der passenden Tools unterstützen – die Bereitschaft für die Digitalisierung muss aber von den Unternehmen selbst kommen. Da sind das Mindset sowie die Kompetenzen und Fähigkeiten, auf die ein Unternehmen baut, gefragt.

Gibt es einen Use Case, anhand dessen man den Nutzen eines Digital-Efficiency-Konzepts transparent und einfach zeigen kann?

Wir haben beispielsweise einem europäischen Bahnbetreiber dabei helfen dürfen, die Prozesse rund um die Wartung der Waggons und Züge zu digitalisieren: von der Realtime-Kommunikation der Mitarbeiter über Tablets bei der Prüfung bis hin zu intelligenten Algorithmen, die darauf basierend die Planung und Wartung optimieren. Unter dem Eindruck von Covid-19 zeigt sich beim Thema Prozessoptimierung, dass digitalisierte Lieferketten einen enormen Effekt auf die Resilienz der Wertschöpfungskette haben und kritische Ausfälle vermieden oder zumindest gemanagt werden können. Diesen Trend sehen wir deutlich bei den Kunden, mit denen wir im Bereich Process Mining und Optimierung zusammenarbeiten. Zu logistikintensiven Themen wie der Steuerung eines Hafens oder der Messelogistik haben wir gemeinsam mit unseren Kollegen bei T-Systems erfolgreiche Use Cases umgesetzt.