DFS Kopernikus – ein erfolgreiches Satellitenprojekt und Grundlage für die Zukunft

1982 war die Welt für die deutsche Satellitentechnik schwer in Ordnung. Man entwickelte und baute eigene Fernmeldesatelliten, politische Strategien und die zugehörigen Investitionen waren vorhanden: der Fernmeldesatellit ‚DFS Kopernikus‘ (1982 – 2002) wurde 1982 von der Deutschen Bundespost an ein nationales Industriekonsortium – MBB ERNO und AEG Telefunken Nachrichtentechnik – vergeben. Hauptauftraggeber für die Industrie: ein Beratungshaus mit dem Namen Detecon.

Die Diskussionen in den verschiedenen Phasen der Design-, Qualifikations- und Bauphase im Projekt DFS Kopernikus waren zahlreich und teilweise hart. Da gute deutsche Ingenieursarbeit aber meist zum Erfolg führt, wurde daraus eines der erfolgreichsten Satellitenprojekte seiner Zeit. In den Jahren 1989 bis 2002 wurden wie geplant drei Satelliten gebaut und erfolgreich auf den Orbitalpositionen 23.5 und 28.5 Grad Ost (später 33.5 Grad Ost) positioniert. Die Satelliten hatten im Orbit zu Beginn ihrer Lebenszeit auf der geostationären Umlaufbahn eine Masse von 850 Kilogramm. Ihre Solarpaneele hatten eine Spannweite von 15,5 Metern und lieferten bis zu 1550 Watt elektrische Leistung. Nach heutiger Klassifizierung konnten wir also von einem mittelgroßen Satelliten sprechen. Die Ku-Band Transponder waren ursprünglich für Fernmeldedienste ausgelegt, aufgrund der hervorragenden technischen Daten wurde DFS aber auch als direkt empfangbarer TV-Satellit und als Satelliten-Zubringer für Kabelsysteme genutzt. Eine besondere Bedeutung erlangte DFS II im Rahmen der deutschen Wiedervereinigung, als kurzfristig neue Fernmeldeverbindungen benötigt wurden.

Aktualität von Ka-Band Satelliten im 5G-Ökosystem

Insbesondere die Ka-Band Nutzlast war zum damaligen Zeitpunkt hochinnovativ und diente hauptsächlich experimentellen Zwecken, zum Beispiel der Untersuchung von Ausbreitungsphänomen bei höheren Frequenzen. Schon damals wurden damit die Grundsteine für moderne Ka-Band Satelliten gelegt. Heute gehören Ka-Band Satelliten immer noch zu den modernen Varianten und besonders aktuell werden derartige Frequenzbänder für zukünftige mobile Breitbandkommunikation im Rahmen von 5G. Diese Frequenzbereiche waren also schon damals in ihrer Bedeutung erkannt worden. Detecon hoffte daher auf Aufträge für Nachfolgegenerationen, die aber aus verschiedenen Gründen ausblieben. Alternativ wurden Satellitensysteme aus dem internationalen Umfeld (Astra, Intelsat, Eutelsat) genutzt, und die Systemfähigkeiten der deutschen Industrie auf dem Gebiet der Komunikationssatelliten ging nach und nach verloren.

Diese Phase dauerte bis zirka 2010. Erst zu diesem Zeitpunkt wurde im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie von der Firma OHB (Bremen) eine Machbarkeitsstudie für eine hochmodulare Satellitenplattform abgeschlossen, die zahlreiche Aufgaben erfüllen soll. Die Mission wurde nach dem deutschen Physiker Heinrich Hertz benannt. Geplanter Starttermin ist aktuell um 2020. Hiermit tritt Deutschland wieder in die illustre Gruppe der Satelliten-Systembauer ein. Die Systemverantwortung und Finanzierung liegt bei der DLR (Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt).

Risikobereitschaft aus dem Silicon Valley

Satelliten für Kommunikationssysteme, wie sie bisher betrachtet wurden, stellen immer noch eine Nischentechnologie dar. Würde man sie abschalten, hätte das zwar dramatische Einflüsse auf unseren Alltag, aber das ist vielen Menschen überhaupt nicht bewusst. Dies könnte sich jedoch in Zukunft deutlich ändern. Zwei Entwicklungstendenzen sind in diesem Zusammenhang zu nennen: LEO’s, das heißt neuartige niedrigfliegende Satelliten in großer Zahl, und eine zunehmende Kommerzialisierungstendenz der Raumfahrt. Wie immer kommen die Impulse aus dem Umfeld des Silicon Valley – jeder kennt die Erfolgsmeldungen von Unternehmen wie SpaceX. Dies führt letztendlich dazu, dass eine Reihe neuer Spieler und Vorgehensweisen am Markt auftaucht, die ganz neue Parameter ins Spiel bringen, insbesondere weitaus kostengünstigere Systeme und wesentlich kürzere Bereitstellungszeiträume. Verbunden ist dies mit neuartigen Systemkonzepten und einer wesentlich höheren Risikofreudigkeit. Neben dem Silicon Valley spielen auch jüngere Volkswirtschaften wie China, Indien und Korea heute bereits eine Rolle.

Insbesondere die niedrigfliegenden Satelliten, in großer Zahl Konstellationen genannt, haben ein enormes Potenzial: Aufgrund des niedrigen Orbits sind die Systembilanzen wesentlich günstiger und durchaus im Bereich terrestrischer Mobilfunksysteme. Die Satellitenkommunikation kann damit aus ihrer Nische heraustreten. Bekannte globale Spieler wie Google und Facebook haben dies erkannt und investieren beachtliche Summen in zahlreiche Startup-Firmen, die sich mit derartiger Innovation befassen. Inzwischen gibt es sogar ein deutsches Startup. Globaler breitbandiger mobiler Zugang wird damit wahrscheinlicher und auf jeden Fall kostengünstiger als mit terrestrischen Lösungen. Im Erfolgsfall kann sich diese moderne Satellitenkommunikation in ein zukünftiges 5G-Ökosystem einklinken.

Autonomes Fahren mit Satellitenkommunikation

Von besonderer Bedeutung erscheint hier eine Anwendung für autonomes Fahren: Noch verlassen sich alle auf zukünftige terrestrische 5G-Systeme. Dies hat aber seine Grenzen, wie zahlreiche Untersuchungen zeigen. Eine zusätzliche Abstützung durch Satellitenkommunikation kann hier die Sicherheit erheblich verbessern – und ohne einen verlässlichen Sicherheitsaspekt wird autonomes Fahren scheitern. Für terrestrische Netzbetreiber gilt es, diesen Trend genau zu beobachten, denn neue Spieler mit eigenen Zugangslösungen treten meist unverhofft auf und erzeugen eine Konkurrenz zur etablierten Infrastruktur.

Für Detecon könnte sich hier ein Kreis schließen: Alle diese Aspekte deuten auf ein enormes Potenzial für Beratung hin. Unsere schöne neue „digitale“ Welt braucht weiterhin leistungsfähige Infrastrukturen zu attraktiven Konditionen. Mögliche Synergien zwischen terrestrischer und satellitengestützter Kommunikation sind ein Weg zu diesem Ziel.

Dr. Hans-Peter Petry

Dr. Hans-Peter Petry arbeitete nach einer Industriekarriere bei führenden Herstellern der Telekommunikations­industrie von 2006 bis 2012 als Managing Consultant und Managing Partner bei Detecon. Bis zu seinem Eintritt in den Ruhestand leitete er dort den Bereich Telecommunications Technologies. Aktuell ist er als Senior Advisor für ­Detecon tätig und arbeitet ehrenamtlich für die DLR (Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt) und das DESK ­(Deutsches Zentrum für Satellitenkommunikation).